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VENEDIG

Es fällt tatsächlich in diesen Tagen schwer von einer Reise zu schreiben, ohne allzu viel Wehmütigkeit zu verspüren. Aber es wird die Zeit wieder kommen, erst in Deutschland, dann in Europa und später auch wieder in der weiten Welt, in der wir unser Fernweh stillen können. Zwischenzeitlich möchte ich euch von meinem Kurztrip nach Venedig erzählen, die ich im letzten Jahr mit Freunden unternommen habe.

 

Blick auf den Canal Grande von unserem Balkon aus

Eigentlich bin ich kein großer Venedig-Fan, wenngleich ein riesiger Italien-Liebhaber. Venedig war in meinen Augen immer stark geprägt von viel zu vielen Touristen, viel zu viel Abzocke und viel zu wenig wirklichem Italien. Selbst frühere Reisen in den stillen Monaten wie November und Januar in die Lagunenstadt konnten mich nicht vom Gegenteil überzeugen.

 

 

Aber dann erreichten mich im letzten Sommer immer wieder Fotos via WhatsApp von Freunden, die einen fast menschenleeren Markusplatz zeigten. Berichte in den Medien, dass sich sogar wieder Delfine in der Lagune tummeln würden, machten auch neugierig. Und da es im Sommer 2020 eh wenig Möglichkeiten zu Auslandsreisen gab, war ich von meinen Freunden, die beide noch nie in Venedig waren, schnell dafür zu gewinnen, für ein paar Tage mitzukommen.

 

Blick auf den Markusplatz

Blick seitlich vom Markusdom

Schnell war klar, dass ich mit dem Zug anreisen würde, da die beiden schon einige Tage mit dem Auto in Italien unterwegs waren und wir erst in Venedig aufeinander treffen würden. Ich gönnte mir ein Erste-Klasse-Ticket um den nötigen Abstand besser wahren zu können. Um kurz nach halb sieben ging es am Morgen in Augsburg los und gegen 15 Uhr sollte ich am Bahnhof Venezia Santa Lucia sein.

 

malerische Blicke durch die Kanäle

Die Suche nach einer passenden Unterkunft für uns gestaltete sich schwieriger. Aber nicht aufgrund der Wohnungsknappheit, sondern aufgrund des fantastischen Angebots, das es plötzlich zu erschwinglichen Preisen gab. Letztendlich fiel unsere Wahl auf einen sensationellen Palazzo direkt am Canal Grande mit Blick auf das Museum von Peggy Guggenheim direkt gegenüber. In Nicht-Pandemie-Zeiten wäre die Unterkunft sicherlich kaum bezahlbar gewesen, da sie uns von zahlungskräftigen Amerikanern und Japanern streitig gemacht worden wäre. Aber so kamen wir in diesen unvergleichlichen Genuss in erster Reihe.

 

unser Balkon…

 

… und der Blick am Abend

Der Zug war reserviert, die Wohnung gebucht. Nun war noch die Überlegung, ein Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel vorzubuchen, denn das Fahren mit den legendären Vaporetti ist in Italien für Touristen mit 7,50 Euro pro Fahrt teuer. Noch teurer wird es, wenn man sich ein Wassertaxi bucht. Daher lohnt es sich gleich am Bahnhof ein Mehrtagesticket zu kaufen. Zwei Tage kosten 30 Euro und drei Tage 40 Euro. Das scheint auf den ersten Blick viel, aber es ist gut investiertes Geld, zumal es sich bei interessierten Besuchern der Stadt auf jeden Fall bezahlt macht. Ich hatte mein Ticket von Zuhause aus via Internet über www.veneziaunica.it gebucht und dann am Bahnhof den Voucher nur noch getauscht. Genauso gut kann man die Tickets aber vor Ort erstehen, jedoch sind die Automaten nicht an allen Haltestellen aufgestellt.

 

auch die legendären Gondeln bieten Mitfahrgelegenheiten

 

Mit der Linie 1, die wie ein Sightseeing-Boot durch den Canal Grande schippert, erreichte ich in knapp 30 Minuten meine Zielhaltestelle Sta. Maria del Giglio. Laut Stadtplan lag unsere Unterkunft nur wenige Gehminuten entfernt, aber Google Maps verlor im Gassengewirr leider auch etwas die Orientierung, sodass sich die Suche etwas hinauszögerte. Schließlich stand ich vor einem Palazzo, den ich von meinen früheren Besuchen in der Stadt kannte und es jetzt kaum fassen konnte, dass wir hier in diesem prächtigen Bauwerk tatsächlich unser Zuhause auf Zeit finden sollten.

 

unser Salotto

Signora Mariacaterina wartete bereits auf mich, um mir ihr herrschaftliches Heim zu zeigen. Eine venezianische Signora wie aus dem Bilderbuch und noch mehr bilderbuchartig war unsere Wohnung, die als Casa Zucchi bei Airbnb gelistet war. Nach einem netten Plausch mit der Hausherrin und der Führung durch die stilvolle und auch geräumige Wohnung, verabschiedete sich die Signora und überließ mich dem Genuss des Verweilens auf dem Balkon, der einen sensationellen Blick auf den Canal Grande bot. Fast fühlte ich mich bemüßigt, den in den Wassertaxis und Vaporetti vorbeifahrenden Touristen, von meinem Logenplatz aus zu winken, wenn sie neidisch zu mir heraufblickten. Was für ein Ausblick, was für ein Gefühl, was für ein Privileg.

 

Logenplatz

Drei Tage Venedig pur lagen nun vor uns, als meine Freunde wenig später eintrafen. Und selbst für einen Venedig-Skeptiker wie mich sollten diese Tage unvergleichlich werden.

 

 

Wir wollten uns treiben lassen. Keine Pläne, wenigstens kaum welche. Da ich die Stadt ja schon kannte, hatte ich nur zwei To-Do-Punkte: Den Friedhof San Michele und das Peggy-Guggenheim-Museum, das direkt vor unserer Nase lag. Und noch ein Appuntamento hatten wir. Wir hatten uns für drei Stunden eine Stadtführung gebucht bei Luisella Romeo . Mit viel Charme und Wissen begleitete sie uns durch den Markusdom, bzw. den Teil, der aufgrund von Covid19 zugänglich war, führte uns durch das Herzstück der Stadt, gab tolle Tipps und erzählte Hintergründiges zur Lagunenstadt.

 

  

 

 

Venedig zeigte sich in diesen Tagen von seiner allerbesten Seite: Erstmaligen Besuchern mag die Stadt vielbesucht vorgekommen sein, aber Venedig-Kenner konnten es durchaus sehr schätzen, dass sich das Touristenaufkommen auf Italiener, Deutsche und ein paar wenige andere europäische Nationen beschränkte. Was unser Freud war, war des anderen Leid. Die Souvenirverkäufer und Gondolieri, die ihre Kundschaft vorwiegend unter Amerikanern und Asiaten in früheren Jahren gefunden hatten, litten erheblich unter den Umsatzeinbußen.

Wir konnten uns einfach nicht satt sehen an dem verlassenen Markusplatz bei Nacht, der eine gewisse mystische Ausstrahlung hatte.

 

Markusplatz bei Nacht

Auch ein Ausflug auf den Lido am Abend zum Apero durfte nicht fehlen.

 

 

 

San Michele, die Friedhofsinsel der Stadt gilt nicht nur in hektischen Zeiten als Idyll, das einen Abstecher und eine kurze Verschnaufpause lohnt

 

 

 

Eine Vaporettofahrt am Abend – Venedig by night – in diesen Zeiten ein unglaubliches Erlebnis – und das Boot hatten wir fast für uns alleine.

 

Wenn ich an frühere Reisen nach Venedig zurückdenke und an das kulinarische Erlebnis dort, dann war es nicht immer positiv in meiner Erinnerung geblieben. Doch auch hier musste ich meine Vorurteile revidieren. Dank eigener Recherche und Luisellas Empfehlungen erlebten wir kulinarische Highlights, die wir häufig mit Einheimischen teilten. Einige Beispiele führe ich gerne hier auf:

 

 

Ai Mercanti – Gastrosteria

Nevodi – Ristorante

Osteria alla Frasca

Antico Calice – Ristorante

Eine telefonische Reservierung war unabdingbar und häufig war auch erst Platz in der zweiten Essensschicht um 21.30 Uhr, aber das störte bei den hochsommerlichen Temperaturen und einem lauschigen Plätzchen draußen all´aperto nicht im Geringsten.

 

 

SAUDI-ARABIEN

Vision 2030 – das ist das Schlagwort für den Tourismus in Saudi-Arabien. Wenn es nach dem saudischen Kronprinzen geht, zählt das Land bis 2030 zu den führenden Tourismusdestinationen der Welt. Im Rahmen dieser ambitionierten Zielsetzung führte mich ein berufliches Projekt in eines der abgeschottetsten Länder der Welt, das sich jedoch jetzt im Aufbruch rüstet und im schnellen Wandel befindet.

 

 

Saudi-Arabien zählt sicherlich zu den wenigen Ländern auf unserem Planeten, über die im Rest der Welt kaum Informationen vorliegen, meist nur negative Schlagzeilen nach außen dringen und sich Mythen von unermesslichem Reichtum und Menschrenrechtsverletzungen ranken. Auch bringt man rechtlose voll verschleierte Frauen, poltischen Radikalismus und striktes Alkoholverbot mit dem Golfstaat in Verbindung. Nicht gerade die optimalen Voraussetzungen für eine blühende Tourismusdestination – aber wie immer lohnt es sich, genauer hinzusehen und dann darf man sich auf Überraschungen freuen.

 

 

Die erste Überraschung war schon, dass es seit einigen Monaten total einfach ist, in das Königreich Saudi-Arabien einzureisen mittels eines E-Visums. Das Ausfüllen geht in wenigen Minuten und die Genehmigung erfolgte in meinem Fall innerhalb von zwei Stunden. Jedoch sollte man eine Vorlaufzeit von mindestens drei Werktagen einplanen. Der Preis ist mit 188 Euro nicht gerade ein Schnäppchen, aber er beinhaltet auch eine obligatorische Versicherung für Saudi-Arabien.

Flugtechnisch ist Saudi-Arabien am besten mit der Lufthansa von Frankfurt aus zu erreichen. Täglich gibt es von dort Verbindungen nach Riad. München wird von der Air Saudia fast täglich ab Jeddah angeflogen. Die Flugzeit beträgt etwas mehr als fünf Stunden.

 

 

Die nächste Überraschung ist, dass Frauen in Saudi-Arabien seit etwa zwei Monaten kein Kopftuch mehr tragen müssen. Diese Freiheit nutzen aber derzeit eigentlich nur westliche Frauen. Die Einheimischen verzichten eher selten auf die Kopfbedeckung. Auch ist die Abaya, das dunkle lange Kleid, nicht mehr obligatorisch. Aber ich trage es noch, auch aus Respekt unseren Geschäftspartnern gegenüber. Ich habe es mir aus Indien mitgebracht und ist eigentlich eine optimale Reisegarderobe. Noch nie habe ich so schnell meine Koffer gepackt: Leggins und T-Shirts drunter, die Abaya drüber und fertig ist das Business-Outfit.

 

Hotelhalle des Hyatt Regency in Riad

meine Kollegen vor Ort

Das Kleidungsstück Abaya streife ich kurz vor der Landung in Riad über. Wenige Minuten später ist auch die Einreise über der Bühne: Unkompliziert, zügig und professionell. Der Transfer zur Innenstadt von Riad, einer Metropole mit vier Millionen Einwohner, dauert zwischen 40 Minuten und zwei Stunden, je nach Verkehr, der in Riad unberrechenbar ist.

 

 

Was bietet nun das Land, um zur Erfüllung der Vision 2030 bis zu 100 Millionen Touristen ins Land zu locken?

  • Riad, eine Stadt, die eine Mischung zwischen Wonderland und Wirtschaftsmetropole ist.
  • Jeddah, eine multikulturelle Stadt am Roten Meer mit einer attraktiven Altstadt und einer herrlichen Strandpromenade.
  • Ausgrabungen, Archäologische Fundstätten, Paläste, Wüste, Korallenriff, Sandstrände

 

 

Auch wenn mein Aufenthalt in einem beruflichen Kontext verlief, so fühlte ich mich auch als Frau sehr wohl in dem Land, in dem die Rechte der Frauen immer noch sehr beschränkt sind. Die Gastfreundschaft der Saudis überraschte mich ähnlich wie damals im Iran. Auch der Umgang mit mir war jederzeit sehr wertschätzend, vor allem, weil ich mich auch an die Regeln des Landes hielt.

 

Ich bin überzeugt davon, dass Saudi-Arabien als Tourismusdestination eine große Zukunft besitzt, wenn die Öffnung des Landes weiterhin vorsichtig vorangetrieben wird. Weitere Prognosen zum jetzigen Zeitpunkt wären reine Spekulation.

 

die süßen Laster Arabiens

 

Blick aufs Rote Meer

AYURVEDA IN SÜDINDIEN

Eine Ayurveda-Kur? Warum nicht, dachte ich mir schon vor längerer Zeit. Aber halte ich das aus? Drei Wochen an einem Ort nur mit Yoga, Meditation und Massagen, kein Sightseeing, kein Alkohol, keine Abwechslung?

 

 

Da mir aber noch nie jemand, der eine Kur in Indien oder Sri Lanka gemacht hat, erzählt hat, dass sie ihm nicht gefallen oder gar gutgetan hat, wage ich mich dann tatsächlich an das Abenteuer. Unterstützung hole ich mir bei meiner Freundin Kerstin, die mit ihrem Unternehmen Comtour auf Indien und Sri Lanka und unter anderem auch auf Ayurveda spezialisiert ist. Sie legt mir das Ayurvedaresort Meiveda in Kerala, ca. zweieinhalb Autostunden von Cochin entfernt ans Herz. Abgesehen davon, dass sie es selbst kennt, waren auch schon einige meiner Freunde und Bekannte dort und bestärken mich in meiner Entscheidung. Als ich mich schließlich Ende Februar dazu entschließe, Weihnachten und den Jahreswechsel dort zu verbringen, ist es nur noch den guten Beziehungen von Kerstin zu verdanken, dass ich in dem kleinen Resort überhaupt noch eine Unterkunft bekomme. Aber nach diesem Vitamin-B-Stoß steht nun meiner Reise vom 17.12.-9.1.2020 nichts mehr im Wege.

 

Blick von meiner Veranda

Die Flugbuchung erledige ich auch schon sehr früh, bereits im Juni. Auch hier entschließe ich mich auf Fachleute zu vertrauen und ausnahmsweise nicht über das Internet zu buchen. Die Erfahrungen des letzten Jahres haben mich gelehrt, dass es durchaus sehr viel günstiger sein kann, den herkömmlichen Weg über ein Reisebüro zu nehmen. In meinem Fall waren das immerhin 200 Euro, die ich sparen kann und das obwohl ich noch eine Pro-Forma-Buchung eines Hotels in Cochin vornehmen muss, um an den günstigen Veranstalter-Tarif zu kommen. Die Hauptstrecke München – Dehli wird von der Lufthansa bedient und für den Weiterflug nach Cochin bin ich auf eine Maschine von Vistara Air gebucht, einer indischen zuverlässigen Fluggesellschaft, die mich im Vorfeld gewissenhaft über jede 5-Minuten-Flugverschiebung sogar per Telefon informiert.

 

Sonnenuntergang auf meiner Veranda

Je näher der Abreisetermin kommt, umso erholungsbedürftiger werde ich. Ich bin sowas von urlaubsreif und gestresst, dass ich froh bin, diesmal keine meiner etwas anstrengenderen Rundreisen auf eigene Faust auf dem Plan zu haben. Aber so richtig will sich auch keine Urlaubsstimmung einstellen. Irgendwie ist mir das alles noch ein bisschen unheimlich. Klar weiß ich, was mich erwartet, aber ist das auch was für mich? Sind alle anderen Esoteriker? Sind da auch „normale“ Leute? Halte ich drei Wochen Ruhe und auch digitalen Entzug aus? Geht es mir damit auch wirklich besser und komme ich tatsächlich auch runter? Ich muss in meinem beruflichen Alltag, in dem ich mir wenig Auszeit gönne, feststellen, dass ich nicht jünger werde und der Akku immer schneller leer wird. Wenn es mir in der Kur gelingt, den Energiepegel wieder ganz nach oben zu bringen, dann wäre das Ziel doch schon ausgezeichnet erfüllt.

 

Blick auf einen Bungalow der Anlage

Das Visum beantrage ich als e-Visa online, wobei das Ausfüllen eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, da man in völliger Gänze ausschließen möchte, dass ich – und mit mir natürlich alle Indienreisenden – nicht doch noch irgendwo pakistanische Wurzeln versteckt haben. Daher ist die Befragung sehr umfassend und reicht hin bis zum Geburtsort der Eltern. Die Erteilung des Visums geht dafür ruckzuck und preisgünstig ist es mit ca. 25 Euro noch dazu. Schon beim Online-Check-In der Lufthansa fällt auf, dass die Visumkontrollen sehr ernst genommen werden. Das gilt auch für den Check-In in München. Die Maschine ist bis auf den letzten Platz gefüllt zu 99 % mit Indern, die auf Heimaturlaub fliegen aus aller Welt. Das wirkt sich auch drastisch auf die Gepäckfächer aus, aber da ich eh mit kleinem Gepäck reise, vor allem das Handgepäck betreffend, belastet mich das wenig. Die Stewardessen nehmen sich sogar Zeit für ein kleines Schwätzchen und wollen wissen, was mich so kurz vor Weihnachten nach Indien führt – vermutlich auch deswegen, weil ich in der Maschine wirklich eine westliche Exotin bin – und rundum, auch bei meinen indischen Sitznachbarn bricht Begeisterung für mein Vorhaben aus. Alle beneiden sie mich und die Zeit, die vor mir liegt. Das war übrigens auch schon zu Hause so. Fast aus aller Munde in meinem Freundeskreis war zu hören, dass sie auch so gerne mitkommen würden und sie es auch dringend nötig hätten so intensiv zu entspannen.

 

Blick in den Garten von der Rezeption aus

Sechs Stunden Zwischenstopp in Delhi scheinen ziemlich viel, aber nachdem man zunächst zur Immigration, dann seinen Koffer am Band abholen und ihn dann für den inländischen Anschlussflug nach Überwindung einer langen Schlange wieder aufgeben muss, geht die Zeit relativ schnell vorbei. Zwischen dem Check-In in München und dem Start des Anschlussflugs habe ich gefühlt mindestens 25 Menschen meine Bordkarte vor die Nase gehalten und von ihnen entweder ein zustimmendes Nicken oder einen Stempel erhalten. Am frühen Morgen geht es dann mit Vistara Air, die sich selbst als die beste indische Airline bezeichnet, endlich los nach Cochin. Drei Stunden Flug mit einem größeren Sitzabstand als beim Langstreckenflug mit der Lufthansa und mit Hightech-Bordprogramm, das man auf seinem eigenen Smartphone abspielen kann. Momentan bin ich allerdings für die Bollywood-Filme noch nicht besonders empfänglich. Wer weiß, wie es auf dem Rückflug ist.

 

Rezeptionspavillon

In Cochin geht alles superschnell und so bin ich 10 Minuten nach der Landung bereits am Ausgang, wo der Fahrer meines Ayurveda-Resorts Meiveda auf mich wartet. Knapp drei Stunden dauert der Transfer zum Hotel, weil viel Verkehr ist. Die Fahrt stimmt auf ein wunderbares Land ein, von dem ich auf dieser Reise nicht viel mitbekommen werden. Ich habe beschlossen, keinen Ausflug zu unternehmen, denn Indien ist Indien und Ayurveda ist zwar auch Indien, aber der Aufenthalt in einem Ayurvedaresort ist für mich eine in sich geschlossene Geschichte. Es würde sich falsch anfühlen für mich, hier zu vermischen. Nach zwei Wochen ändere ich meine Meinung…

 

Garten der Anlage

Obwohl sich in Indien auch die Welt verändert, wird doch eines immer gleich bleiben: Der chaotische Verkehr. Während bei meiner ersten Indienreise vor 20 Jahren noch die formschönen Ambassadors das Straßenbild prägten, sind sie jetzt nahezu verschwunden und moderne japanische Kleinwagen haben Einzug gehalten. Das Verkehrsverhalten irritiert nach wie vor, wenn man direkt aus Deutschland kommt und das obwohl der Fahrer bestimmt angehalten ist, „anständig“ zu fahren und den Meiveda-Gast nicht kurz nach der Landung in einen nervlichen Ausnahmezustand zu versetzen. Ausweichregeln sind für uns Europäer ein Buch mit sieben Siegeln: Aufeinander zufahren, draufhalten und im letzten Moment ausweichen. Woher man weiß, wohin jeder ausweichen muss, habe ich schon vor 20 Jahren trotz intensiver Beobachtung nicht verstanden.

 

indische Straßenszene

Das Meiveda Ayurveda Resort liegt direkt am Meer, nur getrennt durch einen Palmenhain, inmitten eines hübsch angelegten blühenden Gartens. Die etwa 25 Gäste, die beherbergt werden können, wohnen entweder in kleinen Bungalows, bei denen sich zwei Parteien je ein Häuschen teilen, oder in Keralahäusern mit Wohneinheiten ebenerdig oder im ersten Stock. Ich habe eine zwei-Raum-Unterkunft mit einer kleinen Veranda. Von meiner Liege aus habe ich durch die Palmen hindurch Blick aufs Meer. Allein der Ausblick auf den Garten, die Palmen und das Meer ist schon Balsam für mein gestresstes Gemüt. Die gesamte Anlage mutet wirklich paradiesisch an.

 

Garten der Anlage mit Fußweg zum Strand

Gleich nach der Ankunft – zur Begrüßung gibt es Kokosmilch und einen Blumenkranz um den Hals – erzählt ein Mitarbeiter in dem offenen Rezeptionspavillon den neu angereisten Gästen – mit mir sind noch drei weitere Neulinge angekommen – ein bisschen was über das Resort. Unterstützt wird die Auskunft noch durch eine ausführliche Broschüre, die auch über das Thema Ayurveda erste Informationen gibt.

 

Blumenschale an der Rezeption

Doktor Nischa, die Ayurvedaärztin und derzeit auch Interimsmanagerin des Resorts, begleitet mich zu meinem Zimmer, zeigt zuvor noch das Restaurant und erläutert beim Rooming alles Wissenswerte. Ich bin mit ihr um 14 Uhr nach dem Lunch verabredet zur ersten Konsultation. Zunächst steht aber die erste Mahlzeit auf dem Plan. Es gibt jeden Tag zu allen Mahlzeiten Buffet mit den verschiedensten ayurvedischen Spezialitäten, dazu eine Kanne Tee gemäß dem später von der Ärztin konstatierten Dosha. Eine große Wasserflasche, die man sich beliebig oft im Restaurant befüllen kann, steht gefüllt bei Anreise auf dem Zimmer.

 

das Ärzteteam

Im Restaurant sind große Tische, aber auch 2-er Tische eingedeckt. Ich brauche erst einmal meine Ruhe und ziehe einen Tisch allein vor, um die Szenerie auf mich wirken zu lassen.

 

Buffet im Restaurant

Zum ärztlichen Termin werde ich abgeholt. Doktor Nischa, eine bildschöne Inderin, füllt gewissenhaft einen Arztbogen für mich aus und erkundigt sich nach meinen Anliegen, Beschwerden und Krankheiten. Eigentlich fehlt mir ja nichts, abgesehen von einer kleinen Entzündung in der Elle und meiner Gestresstheit, aber wenn ich dann so genau überlege, dann gibt es doch einiges was man erzählen kann…

 

mein Behandlungsplan

Die Konsultation dauert etwa 30 Minuten, danach bekomme ich sofort eine etwa 90 minütige Ayurvedische Vollmassage. Was für eine Wohltat für mich, dass ich einfach mal eine Massage genießen kann, ohne mir zu überlegen, wie ich sie hinterher bei meinem Auditbericht bewerte. Meine etwa 40-jährige Masseurin ist fürsorglich, nimmt mich an der Hand und bringt mich zu einem der Massageräume, die wie kleine Häuschen nebeneinander aufgereiht sind. Meine Masseurin, deren Namen ich mir beim besten Willen trotz mehrfachen Wiederholens nicht einmal zehn Sekunden merken kann, ist nicht gerade zimperlich. Aber ich erinnere mich jetzt, dass ich im Vorfeld schon gewarnt wurde, dass eine indische Ayurveda-Massage nichts mit diesen Wohlfühlmassagen zu tun hat, wie ich sie häufig von Ayurveda-Therapeuten in meinen Wellnesshotels her kenne, in denen ich beruflich zu tun habe. Vor allem liegt es aber daran, dass meine Masseurin ausgesprochen treffsicher sofort alle Schmerzpunkte bei mir identifiziert und bearbeitet. Ihr entgeht keine einzige verklebte Faszie. Nach der Massage gibt es noch ein Peeling. Die Therapeutin hilft beim Duschen, was beim ersten Mal etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber man muss sich einfach drauf einlassen. Es ist ihr Job und sie macht es professionell und liebevoll. Sie möchte mir auch die Haare waschen, was aber an unserer unterschiedlichen Größe scheitert und so übernehme ich das selbst. Nach der Dusche bekommt man seinen Kimono ausgehändigt, mit dem man in den nächsten Tagen dann zu den Anwendungen erscheinen soll. Abschließend gibt es auf dem Kopf, der Stirn und am Brustbein noch eine Salbung und die Masseurin entlässt einen in den Tag.

 

 

Ich bin total müde aufgrund der ausgefallenen Nacht, möchte aber auf keinen Fall schlafen, um mir den Jetlag zu ersparen. Daher gehe ich um 17 Uhr zur täglich stattfindenden Meditation. Außer mir sind nur drei andere Gäste anwesend, was mich etwas wundert, da ich dachte, dass es zum Pflichtprogramm aller Kurgäste gehört. Da ich Probleme habe, in die Meditation zu finden, werde ich dem Ganzen zwar am übernächsten Tag noch eine Chance geben, aber ich bin auch am Überlegen, ob ich nicht auf meine eigenen Meditationen zurückgreife, dich ich bei meinem Achtsamkeitsseminar vor ein paar Jahren erlebt habe.

 

Keralahaus 1

Abendessen ist zwischen 18.30 Uhr und 20.30 Uhr. Man bleibt nicht so lange sitzen, aber das Essen ist lecker und mir gefällt es ohne Konversation einfach für mich zu sein. Kenne ich ja kaum. Zuhause ist immer Programm, entweder beruflich oder privat. Vielleicht ändere ich auch hier meine Meinung noch, aber für den Moment ist es bestens so.

 

 

Im Laufe des Nachmittags hat mir eine junge Inderin meine Medizin aufs Zimmer gebracht. Ich weiß zwar nicht, was es ist, aber es schmeckt nicht besonders gut und wird daher schon für irgendwas heilsam sein. Es ist für eine gute Verdauung – kann nie schaden nach dem langen Flug – und gegen die Entzündung im Arm, wie mir Doktor Nischa am nächsten Tag verrät.

 

im Garten

Beim Abendessen wird auch der Therapieplan für den nächsten Tag verkündet. Ich bin für 9.00 Uhr zur Massage eingeteilt, was sehr schade ist, weil ich damit das Yoga für Anfänger, das täglich um 8.30 Uhr beginnt, versäume.

Ich schlafe wie ein Baby bis um sieben am Morgen. So kann es bleiben. 10 Stunden Schlaf sind nicht übel für mich.

Am nächsten Morgen beginnt die Routine: Frühstück mit Porridge und frischen Früchten. Auf den Rest verzichte ich, da ich ja auch ein bisschen abspecken möchte. Danach ärztliche Konsultation, bei der ich anmerke, dass ich lieber später mit der Massage beginnen würde, da ich gerne beim Beginner-Yoga mit dabei wäre. Anschließend beginnt die 2-stündige Massage in gleicher Manier wie am Vortag. Es ist angenehm, dass die Englischkenntnisse meiner Behandlerin eingeschränkt sind, sodass man sich voll auf die Massage konzentrieren kann. Sie merkt immer sofort, ob ich Schmerzen habe und der Druck zu hoch ist. Die nötige Kommunikation funktioniert einwandfrei. Sie versucht auch mir ein paar Worte Hindi beizubringen, aber ich bin ein hoffnungsloser Fall, vielleicht weigert sich aber auch die Festplatte in meinem Gehirn momentan irgendetwas aufzunehmen, da sie gefühlt daheim kurz vor dem Crash stand.

 

die Yogahalle

Die Tage plätschern so vor sich hin. Eine herrliche noch nie gekannte Routine scheint einzusetzen. Wie oft hatte ich mir das für zu Hause schon gewünscht.

Das Beginner-Yoga findet direkt vor meinem Kerala-Haus in der Wiese statt, da die Yogahalle derzeit nach einem Brand erst wieder neu aufgebaut werden muss. Den Erklärungen unseres Yoga-Lehrers kann man nach dem zweiten Mal, wenn man sich eingehört hat, gut folgen, aber ich merke deutlich, wie verkürzt und steif bei mir alles ist. Andere Yoga-Anfänger erklären mir aber, dass sich in drei Wochen sehr viel bezüglich der Beweglichkeit tut. Das lässt hoffen.

 

die wieder neu errichtete Yogahalle

Wie sieht der Tag aus? Frühstück mit frischen Früchten. Das Angebot ist weitaus reichhaltiger, aber auf Kohlehydrate will ich auch bei der Morgenmahlzeit weitestgehend verzichten. Danach – je nach Zeitplan der Massage – Yoga, dann Nichtstun, dazwischen Massage und Essen. Die Behandlungen dauern immer zwei Stunden und so sind wir entweder um 9 Uhr, um 11.30 Uhr oder um 14.30 Uhr eingeteilt. Wenige Minuten vor diesen Terminen sieht man eine kleine Schar an Menschen, in ihre bunten Kimono-Gewänder gehüllt, die allen aufgrund der Farben eine gewisse Ähnlichkeit mit buddhistischen Mönchen verleihen, zum Wartebereich vor den Massagekabinen pilgern. Dort wird man dann von seiner Therapeutin abgeholt und zu Dr. Nischa begleitet, die sich nach dem Wohlbefinden erkundigt und festlegt, welche Massage nun vorgesehen ist. Braucht man spezielle Medikamente, notiert sie dies, und sie werden am Abend mit dem üblichen Trunk für allgemeines Wohlbefinden von zwei jungen Massageschülerinnen ausgeteilt.

 

kleiner Altar in der Yogahalle

Inzwischen ist die Gästeschar fast komplett, die auch über Weihnachten und Neujahr da sein wird. Bei nur 23 Gästen lernt man sich schnell kennen, auch wenn die Berührungspunkte insgesamt relativ gering sind. Jeder braucht viel Zeit für sich und nimmt sie sich auch.

Ich habe beim Mittag- und Abendessen meinen Platz bei einer kleinen Familie aus Hamburg gefunden. Sohn, Schwiegertochter und Mutter – eine recht unterhaltsame Gesellschaft, in der auch angeregte Gespräche geführt werden können.

Das Essen ist nach wie vor sehr abwechslungsreich, auch wenn das Diätessen eher einfallslos ist. Aber ich habe beschlossen, dass ich lieber wenig von den anderen Gerichten esse, aber mir somit ein bisschen Abwechslung garantiere und mich nicht ausschließlich auf das Diätessen beschränke. Wasser und Tee holen wir uns bei jeder Mahlzeit in Flaschen und Thermoskannen im Restaurant ab. Zu dem Mahlzeiten wird jedem Gast ein Kännchen Tee gemäß seines Doshas serviert.

Beim Mittagessen finden sich alle zwanglos je nach Behandlungszeit im Restaurantpavillon zusammen. Alle nutzen vor den Mahlzeiten noch einen kurzen Abstecher in dem Rezeptionspavillon, der direkt neben dem Restaurant liegt, weil das der einzige Platz im Resort ist, wo es Wifi gibt, nicht besonders stark und stabil, aber ausreichend, um hin und wieder per Whatsapp zu telefonieren, seine Mails abzurufen und die eine oder andere Zeitung downzuloaden.

 

Strand nach rechts

Wer Lust hat, schlendert zum nahen Strand, den man durch einen zur Anlage gehörenden gepflegten und schön bepflanzten Fußweg und durch einen Palmenhain erreicht. Acht Liegestühle sind dort für uns aufgestellt und ein fürsorglicher Lifeguard hat ein Auge auf all die, die in die Fluten springen. Man kann endlos in beide Richtungen spazieren, auch wenn das aufgrund der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit eigentlich nur am Morgen und am Abend richtig Spaß macht. Hin und wieder trifft man dabei auf Fischer oder Jugendliche, die am Strand spielen, aber alle blicken freundlich und allenfalls neugierig auf uns Touristen.

 

Strand am Sonntag mit Einheimischen

Der Therapieplan, den einem Frau Doktor nach etwa drei Tagen aushändigt wird konsequent befolgt. Man startet mit einer Ayurvedischen Ganzkörper- inklusive Kopfmassage. Am zweiten Tag folgt eine therapeutische Ganzkörpermassage und danach für drei Tage eine Pudermassage. Zwei Therapeutinnen massieren synchron mit Gelbwurzelpulver, was die Gewichtsreduktion fördert und Cellulitis verringert. Danach findet noch eine Inhalation und eine Reinigung der Nase statt. Die nächsten drei Tage ist für mich Kizhi vorgesehen, eine Kräuterstempelmassage, die ebenfalls synchron durchgeführt wird. Die Stempel werden aus frischen Kräutern in der Umgebung hergestellt und helfen gegen Schmerzen und Entzündungen und fördern die Muskulatur. Bei alldem sollte man sich immer wieder vor Augen halten, dass es sich hierbei nicht um Wohlfühlmassagen handelt, sondern dass bei den ausgezeichneten Therapeuten auch kräftig zugelangt wird. Meine Faszien können ein Lied davon singen, auch meine diversen blauen Flecken, die sich aber bei mir ganz leicht einstellen.

 

der Liegebereich des Hotels

Am Heilig Abend lassen sich die Mitarbeiter viel für uns einfallen, um uns ein schönes Weihnachten zu bescheren: Aperitif mit Kokosmilch um 18.30 Uhr. Danach werden Vorspeise und Suppe serviert. Anschließend findet im Rezeptionspavillon eine klassische Tanzveranstaltung mit hochrangigen Tänzern statt. Doktor Nisha führt durch das Programm und erläutert die Geschichten, die durch die Tänze erzählt werden. Wir sind alle restlos von der Darbietung begeistert, vor allem durch das Minenspiel, das die Tänzer zeigen. Danach geht es mit dem Weihnachtsdinner weiter, bei dem sich der Koch noch mehr ins Zeug legt als sonst. Dazwischen tanzt noch der Weihnachtsmann ein bisschen durch die Menge. Der kulturelle Genuss steht dem beim klassischen Tanz etwas nach und zeitweise haben wir fast Angst, dass der Weihnachtsmann gleich zu strippen anfängt. Aber wir sind ja schließlich im prüden Indien und daher ist die Gefahr gering. Offensichtlich handelt es sich halt eher um eine abgewandelte Version unseres honorigen Weihnachtsmanns, den wir von zu Hause her kennen.

 

 

Weihnachtsprogramm

 

Am 9. Tag meines Aufenthalts startet der Reinigungsprozess. Bei den Gästen, die kürzer da sind, findet er schon zwei oder drei Tage früher statt. An diesem Cleansing-Day fällt das Frühstück aus. Stattdessen muss ich unter Aufsicht ein kleines Glas Ghee, indisches Butterschmalz, trinken und anschließend dann jede halbe Stunden ein Glas Ingwerwasser. Zu Mittag gibt es nur Reissuppe und am Abend wieder leichte Kost. An diesem Tag darf man kein Yoga und keine anderweitige körperliche Anstrengung machen. Es gibt auch nur eine kurze Fußmassage als heutiges Treatment.

 

Massagehäuschen

Der Tag danach verläuft ganz normal bezüglich Essen und Massage. Allerdings ist nach der Massage noch ein Dampfbad angesagt, das für mich etwas unglücklich verläuft. Man wird in eine Holzkiste auf einen Hocker gesetzt. Der Kopf ragt durch eine Öffnung ins Freie. Wenn alles verschlossen ist, wird bedampft. Das Ganze ist nicht besonders bequem, da ich auf dem kleinen Hocker sitzend nicht so recht weiß, wohin mit den Beinen. Es wird mir auch schnell am Unterschenkel zu heiß, weil da genau die Bedampfung hin abzielt. Ich bitte meine Therapeutin den Dampf zu reduzieren und nach gefühlten 10 Minuten auch, das gesamte Dampfbad zu stoppen. Die Ärztin hatte mir zuvor schon gesagt, dass ich es beenden soll, wenn es mir zu viel wird. Gefühlt habe ich 20 Liter und hoffentlich auch wie gewünscht jede Menge Giftstoffe ausgeschwitzt. Als meine Therapeutin die Holzkiste vorsichtig öffnet, merke ich noch, dass mir schlecht wird und komme zusammengefaltet in dem Zuber liegend erst wieder zu mir, als mich eine zutiefst erschrockene Therapeutin sorgenvoll auf die Wange tätschelt. Sie holt sofort die Ärztin und in der Zwischenzeit wundere ich mich, wie ich mich in diesen winzigen Abstand zwischen Hocker und Holzkiste schichten konnte. Das funktionierte wohl nach dem Ölsardinenprinzip. Gut geölt bin ich in den schmalen Zwischenraum hineingeflutscht, in den ich nach Augenmaß in ungeöltem nicht ohnmächtigen Zustand niemals gepasst hätte.

 

Beide Ärztinnen sind nun besorgt zu Stelle, aber nach 10 Minuten erhole ich mich langsam wieder und auch mein Kreislauf offensichtlich, denn bei der nächsten Messung ist alles schon wieder auf „normal“. Ich habe inzwischen den Eindruck, dass eher meine Therapeutin einen Arzt benötigt, denn der Schreck steht ihr immer noch im Gesicht geschrieben.

Am dritten Tag des Reinigungsprozesses trinkt man um 6.30 Uhr am Morgen einen Drink, der auch wieder aus Ghee besteht, aber diesmal noch mit Kräutern „verfeinert“ wird. Wieder keine Bewegung an dem Tag und Reissuppe zum Mittagessen. Dazwischen Unmengen von heißem Wasser – wieder ein Glas jede halbe Stunde. Alle, die vor mir ihren sogenannten „Purgation-Day“ hatten, haben natürlich von ihren Erfahrungen berichtet. Aber bei mir tut sich bis 10.30 Uhr erst einmal gar nichts. Dann kommt langsam Bewegung in die Sache. Aber alles sehr viel angenehmer als es vielleicht der eine oder andere vom Vorfeld einer Darmspiegelung in Deutschland her kennt.

 

am frühen Morgen am Strand

Die Tagesabläufe werden zur Routine, was auch gut ist. Die einzige Überraschung bietet beim Abendessen der Restaurantchef, der dann seine Runde dreht und einem die Zeit für den morgigen Behandlungstermin mitteilt. Aber auch das verläuft ohne große Abwechslung. Ich bin fast immer um 11.30 Uhr dran, was mir gut taugt, denn dann kann ich am Morgen zum Yoga und hab den Nachmittag frei.

Silvester wird noch einmal zum Highlight. Das Programm ähnelt dem von Weihnachten: Zunächst Kokosnussmilch als Apertif hübsch in der Nuss präsentiert, dann die Vorspeise und Suppe. Danach werden wir wieder zu einer klassischen Tanz-Vorführung geladen, die ausgesprochen toll ist. Die Tänzer sind international ausgezeichnet und verzaubern und mit ihrer Mimik und Gestik. Im Anschluss daran gibt es das Silvesterbuffet, bei dem sich der Koch nochmal mehr ins Zeug gelegt hat, als sonst. Jetzt ist es erst 21.30 Uhr und eigentlich für uns alle höchste Zeit fürs Bett, aber wir müssen ja noch durchhalten. Nun bietet das Hotelpersonal Programm: Zunächst versucht sich der Yogalehrer als Gitarrist. Ich weiß bis zum Schluss seiner drei Darbietungen nicht, ob er das ernst meint oder uns nur zum Lachen bringen will. Danach singt eine der Ärztinnen und abschließend machen die ganz jungen Therapeutinnen eine Tanzvorführung. Danach ist Tanz für alle. Total schön ist, dass fast alle Angestellten da sind, zum Teil mit Angehörigen und zum Teil ohne. Sie dürfen auch mit uns essen wie schon an Heilig Abend, bzw. nach uns, weil das Restaurant zu wenig Plätze für alle hat. Aber bei der Feier danach mischt sich alles und um Mitternacht nehmen sich alle herzlich in den Arm, um die besten Wünsche für 2020 zu vermitteln. Ein kleines Feuerwerk rundet den Abend ab. Bis zuletzt haben die Optimisten unter uns noch auf ein Glas Sekt um Mitternacht zum Anstoßen gehofft, aber dies bleibt ganz gemäß dem Ayurvedischen Gedanken eine Illusion.

 

 

Drei meiner Mitkurenden, die mir mittlerweile zum Teil sehr ans Herz gewachsen sind, erkundigen sich, ob ich bei ihrer mitternächtlichen Zeremonie mitmachen möchte und mit ihnen meine Laster und schlechten Eigenschaften verbrennen und loslassen möchte. Sie organisieren sich vom Koch einen feuerfesten Topf, legen ihn mit Stroh aus und wir suchen uns ein ruhiges Plätzchen im Garten. Dort wird nun, illuminiert mit Kerze und Räucherstäbchen, die Schale in Brand gesetzt und wir werfen nach und nach unsere Zettelchen in die Flammen. Am nächsten Morgen versenken wir die Asche im Meer. Man fühlt sich erstaunlich leicht danach…

 

weihnachtlich geschmückter Garten

Nach zwei Wochen bin ich ziemlich erholt und fange auch an, ein bisschen mit der Routine zu hadern. Ging ja lange gut mit mir. Daher bin ich ausgesprochen glücklich, dass mich ein paar meiner Mitkurenden fragen, ob ich Lust auf einen Ausflug nach Althera und Chavakkad habe. Mit zwei TukTuks brechen wir zu unserem Shopping-Ausflug auf. Beide Orte sind nicht spektakulär, bieten aber ein paar Straßenszenerien und ein paar Geschäfte zum Stöbern. Ich kann gelassen sein, da ich nichts suche und nichts brauche. Die meisten Klamotten in diesen Geschäften sind eher billig und bei uns in Deutschland kaum tragbar. Am schönsten ist die Fahrt mit dem TukTuk. Zum einen bekommt man dabei frische Luft und einen kühlen Luftzug und zum anderen kann man das Landleben richtig in sich aufnehmen.

 

 

Zwei Tage später unternehme ich noch einmal einen Ausflug nach Thrissur mit meiner italienischen Nachbarin. Ganz nach ihrer Natur hat sie ein Händchen für etwas hochwertigere Stoffe. Und die wollen wir im Fab India finden, einem Laden, der indische Mode in westlichem Stil anbietet. Wir fahren dazu ins große Einkaufszentrum Soba und werden auch fündig. Fab India hat noch einen zweiten Shop in Thrissur, der sogar etwas größer ist und mehr Auswahl bietet, aber wir ziehen die gut klimatisierte Shopping Mall vor. Danach bitten wir unseren Fahrer noch, einen Abstecher zum berühmten Hindutempel der Stadt zu machen, der für Andersgläubige zwar nicht zugänglich ist, aber dennoch auch von außen einen schönen Anblick und eine unterhaltsame Tanzvorführung nebenan offeriert. Ingesamt genieße ich den Nachmittag sehr, der neben ein bisschen Abwechslung in netter und kurzweiliger italienischer Gesellschaft auch ein paar Stunden in angenehmer Klimatisierung bietet, wenn man die Air Condition unseres Taxis mitrechnet.

 

Hindutempel in Thrissur

Tanzbühne am Tempel

Ich habe vor, die letzten Tage auch nochmal für den Strand zu nutzen. So richtig passen Ayurveda und Meer eigentlich nicht zusammen, aber dennoch ist es eine schöne Abwechslung am Nachmittag für eine Stunde an den Strand zu gehen. Die Spaziergänge sind vor allem am Morgen dort wunderbar. Und an den Sonntagen ist dann auch richtig was los. Da kommen viele Familien an den Strand und gehen spazieren und die Kinder schwimmen oder spielen Ball. Fast immer kommen sie auch mit einem ins Gespräch, falls die Kinder ein bisschen englisch in der Schule gelernt haben.

 

 

Außerdem beschließen meine italienische Nachbarin und ich auch mal zu Fuß die Umgebung unseres Resorts zu erkunden. Man kann auf den Seitenstraßen gut laufen und kommt an schönen Villen von Dubai-Gastarbeitern, winzigen Geschäften und freundlichen Leuten vorbei. Immer wieder stoßen wir auf neugierige Schulkinder, die uns nach dem Namen fragen. Leider erschöpfen sich deren Englischkenntnisse schnell und so beschränkt sich die Unterhaltung oft auf den Austausch unserer Namen.

 

 

 

Der letzte vollständige Tag bricht an und damit steht auch die letzte der 21 Behandlungen auf dem Plan. Zum Abschluss gibt es noch eine Kopf- und eine allgemeine Körpermassage, sowie eine Gesichtsmaske, nachdem ich jetzt zwei Tage lang zuvor nach der Massage einen wohltuenden Stirnguss „Sirodhara“ genossen hatte. Am Nachmittag folgt dann das Abschlussgespräch mit der Ärztin, die mir noch einmal die Behandlungen erläutert und mir ayurvedische Medizin verordnet und vorbereiten lässt.

 

 

Meinen Flug-Check-In kann ich bei Vistara Air schon 48 Stunden im Voraus absolvieren. Den Flug ab Delhi mit Lufthansa kann ich erst am Abreisetag klar machen. Am Ende geht dann alles ganz schnell. Um 14 Uhr werde ich zum Flughafen transferiert mit einem ausreichenden Puffer, um die Maschine um 20 Uhr sicher zu erreichen. Hätten wir im Vorfeld gewusst, dass ein Generalstreik aufgrund des umstrittenen neuen Einwanderungsgesetz stattfindet, hätte auch eine Stunde später mehr als ausgereicht. Die Straßen sind menschenleer, da alle öffentlichen Verkehrsmittel bestreikt werden. Die Gelegenheit ist daher für meinen Fahrer günstig endlich einmal auszuprobieren, wie schnell man fahren kann. Wir schaffen die Strecke in 90 Minuten. Ich warte gerne eine Stunde länger am Flughafen. Alles ist besser als eine weitere Stunde mit dem aggressiven Taxifahrer durch Südindien zu rasen. Natürlich bin ich jetzt viel zu früh und der Check-In Schalter ist noch nicht geöffnet, aber an Generalstreiktagen kann man so etwas verkraften. Der Rückflug verläuft unspektakulär über Delhi und wir landen eine halbe Stunde früher als geplant in München. Einziger kleinerer Zwischenfall ist eine sehr lange Wartezeit an der Immigration in Delhi, aber ich habe genügend Transferzeit, sodas dies auch kein Problem darstellt.

 

 

Alles in Allem war es eine wunderbare Erfahrung diese Kur zu machen und ich fühle mich sehr erholt. Meine kleinen Wehwehchen bin ich nicht ganz los, dafür aber vier Kilo und mein Blutdruck ist deutlich gesenkt. Fazit: Wenn man einfach nur sich erholen, etwas Gutes für die Gesundheit tun und in einem wunderbaren Resort wohnen möchte, dann ist man im Meiveda genau richtig. Wenn man sich gesundheitlich mehr Hilfe verspricht, dann gibt es wohl noch bessere Ayurvedaärzte in anderen Resorts laut einiger meiner mitkurenden Gäste. Aber auch im Meiveda haben einige Gäste sensationelle Erfolge erzielt. Die Heilungsgeschichten durch Ayurveda, die auch aus anderen Resorts von schweren Krankheiten zu hören sind, sind wirklich unglaublich. Ich werde definitiv wieder eine Kur machen, aber dann nur noch zwei Wochen und dann vielleicht auch eher mit einem Freund oder einer Freundin zusammen.

 

LANDHOTEL VOSHÖVEL

Mit Wellnesshotels kenne ich mich ja ganz gut aus. Wir im Süden Deutschlands und im angrenzenden Tirol und nahen Südtirol sind ja auch reich gesegnet mit wunderschönen Häusern. Wenn man nördlicher reist, wird die Auswahl geringer und die richtig attraktiven Wellnesshotels werden seltener.

 

 

Wellness am Niederrhein

Am Niederrhein habe ich nun ein Wellness-Juwel entdeckt, das ich dort keineswegs vermutet hätte. Aber auch in anderen Regionen würde man dieses Haus in der Tat als „außergewöhnlich“ bezeichnen. Das Landhotel Voshövel liegt etwa 45 km von Duisburg, 15 km von Dinslaken und 12 km von Wesel entfernt in der weitläufigen Gemeinde Schermbeck, die sich zwischen Niederrhein, Ruhrgebiet und Münsterland erstreckt. Die Natur ist geprägt von Wasserlandschaften und Naturschutzgebieten und lädt zum Radeln, Wandern und – unmittelbar am Landhotel Voshövel – auch zum Golfen im Golfclub Weselerwald ein.

 

 

 

Familienbetrieb Landhotel Voshövel

Aber jetzt zum Landhotel Voshövel selbst: Ein Familienbetrieb seit sechs Generationen mit Anfängen in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Heute ist es ein mehrfach ausgezeichnetes 4 Sterne Superior Hotel, das nicht nur Wellness-Urlauber anzieht. Auch Tagungen, vor allem aber Hochzeiten erfreuen sich dort äußerster Beliebtheit. Das Ambiente und weitläufige Areal des Hotels sind dafür ideal.

 

 

 

Die Zimmer sind in den letzten Jahren alle komplett neu renoviert worden und wirken modern, gemütlich und vor allem auch sehr hochwertig. In allen Bereichen wurden natürliche Materialien verbaut, weil auch Nachhaltigkeit eine große Rolle im Landhotel Voshövel spielt. Die Dekoration im gesamten Haus ist geschmackvoll und sehr reduziert. Vor allem aber passt sie mit jeder Nuance zum Stil  des Hotels und verstärkt den Charakter des mit ausgesprochener Liebe zum Detail gestalteten Hauses.

 

 

 

 

Beim Essen wird ebenfalls viel Wert auf Qualität und Frische gelegt, aber auch auf eine attraktive Präsentation und vor allem natürlich auch auf geschmackliches Gefallen. Die sympathischen Mitarbeiter, bei denen man in allen Abteilungen des Hauses merkt, dass sie vollmumfänglich hinter dem Konzept der Familie Klump stehen und ihrer Arbeit mit Engagement nachkommen, verstärken das Gefühl, dass man sich als Gast herzlich willkommen fühlt.

 

 

 

Award für Spa-Design für den Livingroom Spa

Das Highlight des Landhotel Voshövel stellt aber ohne Zweifel der Livingroom Spa dar, der eine unglaubliche Behaglichkeit ausstrahlt, große Vielfalt anbietet und designerische Meisterleistung darstellt. Nicht umsonst wurde das Hotel mit dem im deutschsprachigen Raum renommiertesten Award für Spa-Design ausgezeichnet.

 

 

Wenn es das perfekte Wellnesshotel gibt, dann ist das Landhotel Voshövel sehr nahe dran, es zu sein.

 

KANADA DER OSTEN

Vor mehr als 20 Jahren war ich zum letzten Mal in Kanada. Damals im Westen. Wie es bei mir so oft ist, übt eine Stadt oder eine Region schon seit meiner Kindheit eine Faszination auf mich aus, ohne dass ich mehr mit dem Ort verbinde. Dennoch ist eine Sehnsucht da, für die es keine Erklärung gibt. So ist es auch mit Halifax. Ohne, dass ich mir mehr Gedanken dazu gemacht hatte, wusste ich schon seit Jahrzehnten, dass ich da einfach hin muss.

 

 

Nun waren die Pläne konkreter geworden und nicht nur Halifax, sondern auch Montreal, Quebec und die Landschaft am St. Lorenz Strom, New Brunswick und Nova Scotia lockten. Als geeignete Reisezeit stand schnell der August fest, da die Sommer trocken und angenehm warm sind und ich beruflich zu der noch attraktiveren Reisezeit, dem Indian Summer, nicht abkömmlich bin.

Die Flugpreise sind natürlich kein Schnäppchen im Hochsommer, aber von einem Freund hatte ich den Tipp erhalten, doch über den Reiseveranstalter Canusa zu buchen. Und tatsächlich sparten wir uns für die Flugtickets und den Mietwagen ab Quebec für 11 Tage fast 700 Euro im Gegensatz zu einem selbst zusammengestellten Angebot mit Buchungen über die bewährten Buchungsplattformen. Noch einen großen Vorteil hatte das Buchen über Canusa abgesehen von einem supernetten Service und einer sehr persönlichen, bestens auf uns individuell zugeschnittenen Beratung: Als ein Teil unseres Rückflugs storniert wurde, weil es aufgrund der nicht einsatzfähigen Boing 737 max bei Icelandair zu Flugumbuchungen und -ausfällen kam, mussten nicht wir uns drum kümmern, sondern Canusa bot uns umgehend Alternativen.

Der Flug meiner Freundin startet zeitgleich in Hamburg mit meinem in München, sodass wir uns kurz vor dem Weiterflug nach Montreal in Reykjavik am Flughafen treffen. Die Aufteilung der Reisestrecke bei Icelandair ist echt optimal: Knappe vier Stunden ab München und dann nochmal fünfeinhalb Stunden bis Montreal. So lässt sich jeder Langstreckenflug gut überstehen, zumal der Sitzabstand bei Icelandair absolut ok ist. Gut, für seine Verpflegung muss man selbst sorgen, aber das ist bei der oft wenig gefälligen Verköstigung im Flugzeug nicht unbedingt ein Schaden.

 

(c) GoogleMaps

1. Tag: Montreal – Ausgeh- und Studentenviertel

Mit nur fünf Minuten Verspätung landen wir in Montreal am Abend gegen halb sieben. Die Eta für die Einreise hatten wir bereits drei Wochen vorher online auf der Seite der Kanadischen Botschaft beantragt und nach Bezahlung von 7 CAD umgehend nach ein paar Minuten bestätigt bekommen. Die Anleitung zum Ausfüllen auf der Seite ist hervorragend, sodass es ein Kinderspiel ist. Wir müssen also nur noch mit unseren Pässen zu einem automatischen Deklarationsserviceschalter, von denen es eine große Anzahl am Flughafen gibt und wo man Schritt für Schritt eine digitale Anweisung erhält, wie das Prozedere von statten geht. Danach marschiert man noch zu einer Passkontrolle, beantwortet ein paar nett gestellte Fragen und darf dann umgehend zu seinem Gepäck. Den Deklarationszettel gibt man beim Verlassen des Ankunftsbereichs wieder ab.

Die Automaten, an dem die Bustickets der Linie 747 verkauft werden, stehen direkt in der Ankunftshalle und sind gut beschildert. Daneben gibt es einen Beratungsschalter. Der Bus fährt alle 30 Minuten in die Innenstadt und kostet 10 CAD pro Person. Auch die Abfahrtsstelle am Flughafen ist gut gekennzeichnet – nicht zu verfehlen. Mit dem Ticket kann man aber insgesamt 24 Stunden die Öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Wir schaffen es am Abend in etwa 45 Minuten in die Stadt zu gelangen. Untertags kann es wohl ein bisschen länger dauern. Berri UQAM ist unsere Haltestelle, ein zentraler U-Bahn-Knotenpunkt.

Es sind nur ein paar Schritte zu unserem Hotel, dem St. Denis Hotel in der St. Denis Rue. Von außen sind wir zunächst weniger angetan von unserer Unterkunft für die nächsten drei Nächte. Unser geräumiges Zimmer entpuppt sich jedoch wenig später als optimal. Zwei Queensize-Betten, eine Klimaanlage und viel Platz versprechen einen komfortablen Aufenthalt und optimale Voraussetzungen, um den sicheren Jetlag gut zu überbrücken. Wir wollen aber auf jeden Fall nochmal kurz raus und noch einen Happen essen und bei einem Bier den langen Abend beschließen. Wir werden schnell fündig, da wir mitten im Kneipen- und Studentenviertel wohnen.

 

 

Und wir testen sogar unsere erste Poutine, die Spezialität von der Region Quebec: Pommes mit Käse überbacken, in Bratensoße schwimmend und ein bisschen geschnetzeltem Fleisch. Eine Kalorien- und Cholesterinbombe, aber man gewöhnt sich schnell dran und es schmeckt echt lecker.

 

 

2. Tag: Montreal – Vieux-Montréal, Vieux Port mit den Inseln und Mont Real

Da wir mittendrin im Leben der Stadt sind machen wir uns erst einmal auf die Suche nach einem Frühstückslokal. Ein einfaches Unterfangen, da sich ein hübsches Lokal an das andere reiht, wo man nach Lust und Laune seine Morgenmahlzeit einnehmen kann. Schon allein die Vorauswahl bei tripadvisor macht Freude, aber letztendlich lassen wir uns durch Vieux-Montréal treiben und werden schnell fündig.

 

 

In der Altstadt von Montreal bzw. Vieux-Montréal trifft man auf denkmalgeschützte Kolonialarchitektur, kopfsteingepflasterte Gassen, Straßenkünstler und kreative Bistros – all das zusammen macht den Bummel zum Genuss. Ein bisschen fühlt man sich wie in der Normandie. Die Basilika Notre-Dame heben wir uns für einen anderen Tag auf, da uns die Schlange zu lang ist, aber die Bank von Montreal, das Hôtel de Ville, das Chateau Ramazay und den Marché Bonsecours schauen wir uns genauer an.

 

 

 

 

 

Am frühen Nachmittag schlendern wir zum Vieux-Port, von wo aus man Hafenrundfahrten machen, sich Jetski leihen oder – so wie wir es tun – einfach zu den beiden vorgelagerten Inseln übersetzen. Im alten Hafen befindet sich übrigens auch ein Vergnügungspark mit allerlei Nervenkitzelattraktionen.

 

 

 

Besonders beeindruckend ist auf der Ile Sainte-Helène vor allem La Biosphère, ein riesiger Kugelbau, der während der Weltausstellung der Pavillon der USA war und heute ein Museum zum Ökosystem des St. Lorenz Stroms beheimatet.

 

 

 

Wie auf der Ile Sainte-Helène befinden sich auch auf der Ile Notre-Dame einige Grünanlagen, hier jedoch auch die Rennstrecke, auf der der große Preis von Kanada in der Formel 1 ausgetragen wird. Radfahrer, Jogger und einfach nur Spaziergänger begegnen uns auf dem Weg zum beeindruckendsten Gebäude der Insel Notre-Dame, dem Casino.

 

 

 

Wir laufen fast alles an dem Tag zu Fuß, um oberirdisch nichts zu verpassen. Aber auf dem Rückweg von den Inseln zu einem kleinen Zwischenstopp im Hotel nehmen wir die Metro.  3,50 CAD kostet eine Einzelfahrt, 10 CAD eine Tageskarte mit der U-Bahn. Das Metrosystem von Montreal ist super ausgebaut und so nehmen wir am frühen Abend ebenfalls die Metro als wir uns auf den Weg zum Mont Real machen, dem Namensgeber der Stadt. Es gibt viele Wege, die auf den etwa 230 m hohen Berg hinaufführen, schweißtreibende und weniger schweißtreibende. Wir entscheiden uns für eine Mischung aus Treppen und einer Serpentinenstraße und erreichen nach etwa 45 Minuten das Chalet von Mont Real, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die zum Greifen nahe Skyline der Stadt hat.

 

 

 

Es gibt noch andere Aussichtspunkte, aber wir lassen es für heute gut sein und kehren über die Treppen zurück zur Rue Peel, die den besten Einstieg in die Bergbesteigung bietet.

Auf dem Rückweg zum Hotel halten wir Ausschau nach einem netten Lokal und werden beim Koreaner fündig. In der Rue Peel und ihren Seitenstraßen bereitet es überhaupt keine Schwierigkeit Restaurants mit unterschiedlicher Ausrichtung zu finden – eines reiht sich ans andere. Eigentlich sind wir noch guten Willens zu Fuß über die belebten Einkaufsstraßen zu unserem Hotel zurückzukehren, aber schließlich nehmen wir doch die Metro, da wir über 20 km von Montreals Straßen an unserem ersten Tag erlaufen und noch dazu einen „Berg“ bestiegen haben.

3. Tag Montreal – Kathedrale und hübsche Stadtviertel

Ganz früh machen wir uns am Morgen des nächsten Tags auf den Weg zur Kathedrale Notre-Dame und werden dafür belohnt: Keine Schlange, kein Anstehen und eine Kirche, die nicht zu unrecht als eine der schönsten Gotteshäuser Nordamerikas bezeichnet wird. Das Innere von Basilique Notre-Dame ist über und über mit prächtigen Holzschnitzereien gestaltet. Bemalte Glasfenster sorgen mit einer schon fast mystischen Ausleuchtung für eine einzigartige Illumination der Kirche. Die Orgel gilt mit über 5000 Pfeifen als eine der größten der Welt.

 

 

Im weiteren Verlauf des Tages wollen wir uns ein paar „normale“ Stadtviertel von Montreal ansehen: Zunächst bummeln wir auf der Rue St. Catherine, der 11 Kilometer langen Hauptschlagader der Stadt, auf der noch die letzten Spuren des Montreal Pride Festivals zu sehen sind, das die letzten zehn Tage in der Metropole stattgefunden hat. Faszinierend sind der Straßenschmuck über Kilometer hin in den Regenbogenfarben. Danach streunen wir durch die Viertel Ville, Mont-Royal und Chinatown. Die Bauweise der Häuser erinnert zum Teil an New York mit den Zugängen über die Fassaden.

 

 

 

 

Außerdem fallen die vielen Parks auf, die über die ganze Stadt verstreut von den Bewohnern gerne zum Feiern, Joggen oder einfach nur zum Ausruhen genutzt werden.

 

 

 

Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg zum wohl schönsten und bekanntesten Markt der Stadt, den Jean-Talon-Marché, auf dem farbenprächtig und appetitlich aufgereiht Obst und Gemüse und Pflanzen präsentiert werden. Rundum findet man Essenstände und zahlreiche Cafés, wo man Köstliches aus dem Quebec verkosten kann. Der Markt besitzt viel Attraktion nicht zuletzt dadurch, dass er nicht durch anderweitige Ware, die dort angeboten wird, von seiner ursprünglichen Ausrichtung abweicht.

 

 

Den Abend verbringen wir im Quartier Latin, in dem sich auch unser Hotel befindet. Kaum geht man die Straße etwa 200 Meter hoch trifft man auf eine unglaubliche Vielfalt an Restaurants und Bars, die fast alle auch einen Außenbereich mit Bewirtung aufweisen. Oft kann man aber auch auf einer Veranda im ersten Stock sitzen und dem geschäftigen Treiben auf der Straße zusehen.

4. Tag: Montreal – Stadtviertel, Pride Parade und Zugfahrt nach Québec

Eigentlich wollen wir am nächsten Morgen in Schwartz´s Deli, der in den 20er Jahren von Reuben Schwartz, einem jüdischen Einwanderer aus Rumänien, gegründet wurde und heute einer der legendärsten Delis der Stadt ist. Aber der hat noch geschlossen und so frühstücken wir ein paar Blocks entfernt davon in einem schon sehr gut besuchten Restaurant, dessen Frühstückskarte mehr als 10 Seiten aufweist. Es gibt riesige Portionen, Refill des Kaffees und es macht satt bis zum Abend. Klassischer geht es eigentlich nicht. Das Stadtviertel ist bezaubernd mit hübschen Wohnhäusern und interessanten Geschäften – hier ist Montréal ungeschminkt und dabei ganz wunderbar. Als nächstes steht die über 21 Stockwerke hohe Wandmalerei mit dem Konterfei von Leonard Cohen auf unserem Programm, die sich ganz in der Nähe des Museum der schönen Künste befindet. Eine tolle Hommage an den berühmten Sohn der Stadt.

 

 

 

Die Metrostationen McGill und Peel, die in unmittelbarer Nähe liegen bieten einen guten Einstieg in die weltberühmte „Unterwelt“ Montreals. Unfassbare 32 Kilometer Shopping Malls mit Theater, Kino, Restaurants und Hotels befinden sich unter Tage und haben direkten Zugang von den Metrostationen aus.

 

 

Die ersten Ladenpassagen entstanden bereits in den 60er Jahren und aufgrund der klirrenden Kälte bis minus 30 Grad und der Schneemassen, die dort von November bis März alljährlich erwartet werden, machte das Modell Schule und so entstanden nach und nach immer mehr Zentren, die miteinander verbunden sind. Wir wollen nur einen Blick in diese Stadt unter der Stadt werfen, da uns im Tageslicht herrlichstes Sommerwetter erwartet. Aber man kann sich aufgrund der zum Teil doch sehr ansprechenden Gestaltung der Shopping Malls durchaus vorstellen, dass die Montréaler bei eisigen Blizzards, die durch die Stadt pfeifen, dankbar um diese Alternative sind.

Uns zieht es wieder in die Sonne, zumal an diesem Sonntag die Pride Parade stattfindet, als krönenden Abschluss des 10 Tage dauernden Pride-Festivals in der Stadt. Tausende von Menschen säumen die Straßen und klatschen den Teilnehmern auf ihren fantasievollen Umzugswagen Beifall oder feuern die zahlreichen Gruppen unterschiedlicher Bewegungen an.

 

 

Irgendwann am Nachmittag wird es für uns dann Zeit unser Gepäck im Hotel abzuholen und uns mit der Metro in Richtung Bahnhof aufzumachen, was aufgrund des Verkehrschaos in der Stadt, verursacht durch die Parade, wesentlich sinnvoller ist, als wie zunächst geplant mit dem Taxi.

Der Zug nach Quebec ist für 16.40 Uhr geplant. Die Abfahrt verzögert sich aufgrund von Bauarbeiten. Aber es läuft im Bahnhof alles sehr geregelt ab. Das Gepäck wird gewogen, dann stellt man sich in einer Schlange an und darf den Bahnsteig erst dann betreten, wenn alle ankommenden Gäste den Zug verlassen haben. Dann wird man freundlich von einer Zugbegleiterin eingewiesen und während der Fahrt zuvorkommend, wenn gewünscht, mit kleinen Snacks versorgt. Die VIA bedient die Strecke zwischen Montréal und Quebec und es sind vier Züge, die knappe vier Stunden benötigen, pro Tag vorgesehen. Da bereits ein Zug ausgebucht ist, entscheiden wir uns etwa 14 Tage vor der Fahrt, übers Internet zu buchen. Die Strecke kostet zu diesem Zeitpunkt in der günstigsten – nicht erstattbaren Klasse – etwa 70 Euro und ist vergleichbar mit unserer 2. Klasse in der Bundesbahn.

Gegen 21 Uhr erreichen wir Quebec und wollen uns eigentlich ein Taxi nehmen, aber nachdem keines kommt und noch jede Menge anderer Leute warten, legen wir die 1300 m zum Hotel zu Fuß zurück. Für die erste Orientierung ist uns wie immer MapsMe hilfreich, die App bei der man kostenloses Kartenmaterial herunterladen und offline nutzen kann. Auch diesmal haben wir uns wieder für ein sehr zentral gelegenes Hotel entschieden, das wir wie alle anderen Hotels auch, schon etwas länger im Voraus über Booking.com gebucht haben. Das Le Priori ist ein kleines, aber feines Hotel mitten im alten Quebec, in der Unterstadt. Die Zimmer sind nicht allzu groß und diesmal müssen wir uns ein Queensizebett teilen, aber der moderne Komfort und das im Zimmerpreis inkludierte Frühstück entschädigen. Der Komfort ist allerdings so modern, dass wir in der Nacht eine halbe Stunde lang den Schalter fürs Deckenlicht suchen, schließlich entnervt an der Rezeption anrufen, um dort zu erfahren, dass er sich hinter dem Kopfteil des Boxspringbettes befindet.

Bevor wir uns jedoch schlafen legen, wollen wir noch auf einen kleinen Snack und ein Bier in die Stadt. Die meisten Lokale haben bereits geschlossen, aber an der Hotelrezeption wird uns die einfache und nahe Bar L´Oncle Antoine empfohlen, wo wir noch ein frisches Bier und einen Thunfischbagel im Freien genießen.

5. Tag: Québec – Altstadt und Miró-Ausstellung

Der nächste Morgen beginnt mit einem durchaus recht ansehnlichen Frühstücksbuffet im Hotel, was den verhältnismäßig hohen Hotelpreis eindeutig wieder relativiert. Der Wetterbericht ist bescheiden für den ganzen Tag, da es immer wieder gewittern soll. Wir rüsten uns mit Regenkleidung und schlendern zunächst durch die Unterstadt, in der sich ein Souvernishop an den anderen reiht, dazwischen findet man Galerien und Pelzgeschäfte.

 

 

 

Nichts davon löst bei uns Shoppingeuphorie aus, auch sind es uns deutlich zu viele Menschen, die sich durch die hübschen, französisch anmutenden Gassen schieben. Hier wirkt alles ein wenig museal und auch touristisch. Mit der Standseilbahn machen wir uns auf den Weg in die Oberstadt, wo als erstes das wohl bekannteste Fotomotiv Ostkanandas ins Auge fällt, das Hotel Château Frontenac.

 

 

Ganz besonders hübsch sind die Terassen Dufferin, von denen man einen schönen Blick auf den St. Lorenz Strom hat.

 

 

Das Wetter verschlechtert sich und daher nehmen wir unseren ursprünglichen Plan wieder auf, das Musée National des Beaux-Arts du Quebec zu besuchen. Es liegt etwa zwei Kilometer außerhalb und beherbergt einen sehr abwechslungsreichen Querschnitt der kanadischen Malerei der letzten Jahrhunderte. Eine Miró-Ausstellung ist derzeit eine weitere Attraktion in dem Museum. Und es ist tatsächlich auch bei schönerem  Wetter einen Besuch wert. Der Weg dorthin ist abwechslungsreich und führt uns zuerst an weiteren hübschen Restaurants und Geschäften vorbei, dann passieren wir die historische Stadtmauer, die einzige in Nordamerika, und kommen am Parlament von Quebec vorbei, das sehr monumental und herrschaftlich wirkt.

 

 

Das Museum verteilt sich auf drei Gebäude und ist seine 22 CAD Eintritt durchaus wert. Nicht nur die Miró Ausstellung begeistert, sondern auch die anderen Installationen und Gemälde. Wenn man nicht in einem der Museumsrestaurants eine Pause einlegen möchte, kann man das in einem der zahlreichen Cafés außerhalb des Museumsgeländes tun, da man mit seinem Eintritts-Armband jederzeit wieder in die Ausstellung zurückkehren kann.

 

 

 

 

Als uns die Füße weh tun und die Aufmerksamkeit langsam nachlässt, machen wir uns über den 105 ha großen Park auf den Rückweg in die Stadt. Ein herrlicher Weg, den man am besten barfuß zurücklegt, führt über riesige Grasflächen und vermittelt immer wieder einen schönen Blick auf den St. Lorenz Strom. Wir gelangen schließlich zur Zitadelle, erleben dort noch auf den letzten Drücker eine Wachablösung mit und genießen auch von dort den tollen Ausblick auf die Stadt und den Strom.

 

 

 

Als wir jetzt zum den Terrassen zurückkehren, bietet sich uns in der Abendsonne eine völlig andere Atmosphäre als am Morgen, als die Gewitterwolken über der Stadt hängen. Es ist immer noch sehr geschäftig in der Oberstadt und ein bisschen beschaulicher in der Unterstadt, als wir nach einem langen Tag zum Hotel zurückkehren.

 

 

 

Nun steht die Entscheidung fürs Abendessen an. Man geht früh essen in Quebec. Wir haben uns für das „Louise“ an diesem Abend entschieden, nicht nur, weil hier noch Platz auf der Terrasse ist. Das Essen ist ordentlich, der Service mäßig – aber alles in allem ist es in Ordnung.

6. Tag: Québec – Fährfahrt auf dem St. Lorenz Strom, Lévis und Altstadt von Québec

Wie vom Wetterbericht angekündigt, ist das Wetter am nächsten Morgen traumhaft. Wir wollen nach dem Frühstück auf das gegenüber von Québec liegende Ufer des St. Lorenz Stroms nach Lévis. Vom Fährschiff, das jede halbe Stunde ab dem Fährhafen verkehrt, der nur fünf Gehminuten von unserem Hotel entfernt ist, hat man wohl die beste Sicht auf Québec mit seinen historischen Gebäuden. Am Morgen ist das Licht auf die Stadt optimal. Wir sind nur wenige Gäste an Bord, da zunächst viele in die andere Richtung fahren und die Möglichkeit günstig in Lévis zu parken, nutzen, um dann einen Tagesausflug nach Québec zu machen. 7,30 CAD kostet das Ticket für Hin und Zurück für die etwa 10 Minuten dauernde Fahrt.

 

 

Lévis ist beschaulich und tut gut. An der Promenade gibt es hübsche Grünflächen mit Sitz- und Liegemöglichkeiten, Brunnen mit Fontänen und von überall einen tollen Panoramablick auf die Skyline von Quebec.

 

 

Als wir uns stattgesehen haben, erklimmen wir über eine steile Treppe die eigentliche Ortschaft mit ihren recht idyllischen Häuserzeilen und Ausblicken auf den Strom. In Lévis befindet sich auch das Wohnhaus von Alphonse Desjardins, dem ostkanadischen Pendant zu unserem Friedrich Raiffeisen. Da man allerorts auf den Namen stößt, besichtigen wir das Haus, das heute ein Museum ist und erfahren von einem sehr engagierten jungen Mann unglaublich viel Wissenswertes und Interessantes nicht nur über Desjardins, sondern auch über Québec Anfang des letzten Jahrhunderts.

 

 

 

 

Wir treiben uns noch ein paar Stunden in Lévis herum, lassen uns ein Eis à la Poutine schmecken, genießen die Sonne an der Promenade und fahren am Nachmittag wieder nach Québec zurück. Ein paar Sehenswürdigkeiten wollen wir uns in der Oberstadt noch ansehen, wie z.B. die Basilika und das Luxushotel Fontenac von innen.

 

 

 

 

Generell bietet die Haute Ville noch einige schöne Ecken. Und so beschließen wir auch die Kreise etwas weiter zu ziehen und landen schließlich in einer Zone der Stadt, die weniger museal wirkt und nach richtigem Leben aussieht. In Anbetracht dessen, dass in den nächsten Tagen noch relativ häufig Fisch auf dem Speiseplan stehen wird, entschließen wir uns für ein nettes Restaurant mit dem vielsagenden Namen „Entrecôte St. Jean“, aber hier in diesem Teil der Stadt an der Rue St. Jean findet jeder etwas nach seinem Geschmack. Ein bisschen was von der Altstadt ist noch beleuchtet als wir später am Abend zu unserer Unterkunft zurückkehren.

7. Tag: Ile d´Orléans – Saint-Siméon

Am Morgen nehmen wir uns ein Taxi zum Flughafen in Quebec, wo sich die Anmietstation für unser Alamo-Fahrzeug befindet, das wir über Canusa gebucht haben. Wie anfänglich schon erwähnt, war dies eine verhältnismäßig günstige Lösung. Der SUV für 11 Tage kostet uns etwa 1.200 Euro inkl. Versicherung. Die Einwegmiete von ca. 400 CAD kommt noch obendrauf und muss vor Ort bezahlt werden. Sicherlich kein Schnäppchen, aber der beste Preis für einen SUV, der zu bekommen war.

 

 

Die Anmietung verläuft völlig problemlos. Der nationale deutsche Führerschein ist ausreichend. Und unser Buick, den wir wenig später an seinem Stellplatz in Empfang nehmen, ist so geräumig, dass wir uns sofort heimisch fühlen und uns mit unserem Gepäck ausbreiten. Wir hatten ihn uns nicht ganz so groß vorgestellt, aber es macht innerhalb kürzester Zeit richtig Spaß mit dem Auto durch die Landschaft zu fahren.

Etwa 200 Kilometer liegen an dem Tag vor uns. Zunächst wollen wir die Ile d´Orléans besuchen, die nur wenige Minuten außerhalb von Québec liegt und als der Obstgarten und die Gemüsekiste des Landes gilt. Überall werden derzeit Erdbeeren, Himbeeren und Blaubeeren geerntet und frisch vom Hof verkauft. Aber auch vielfältige Gemüsesorten gedeihen hier auf der Insel und sogar Wein, den wir allerdings nicht verkostet haben. Wir umrunden die Insel und obwohl es heftig regnet, kann man doch die Lieblichkeit der Orte, die hübsche Architektur und die gepflegten Gärten gut erkennen.

 

 

 

Danach setzen wir an der Westküste des St. Lorenz Stroms unsere Fahrt fort. Dass dieser Teil als eine der schönsten Routen Ostkanadas gilt, lässt sich auch bei Regen und dichtem Nebel gut erahnen. Wir passieren die Basilique Sainte-Anne-de-Beaupré, die das Lourdes Neufrankreichs genannt wir und alljährlich 1,5 Millionen Pilger anzieht und schlängeln uns auf der Küstenstraße Richtung Norden. Über Baie-Saint-Paul, einen hübschen Künstlerort und Malbaie, von wo aus man einen herrlichen Blick auf den St. Lorenz Strom hat, erreichen wir gegen 18 Uhr unsere Unterkunft  Gîtes Aux Tournesols in Saint-Siméon. Unser Gastgeber, der nur drei Zimmer vermietet, ist reizend und erläutert uns umgehend, als wir ihm mitteilen, dass wir am nächsten Morgen die erste Fähre über den Strom nehmen wollen, dass wir heute Abend noch unser Auto am Fährableger platzieren sollen, denn eine Reservierung ist nicht möglich und am nächsten Morgen ist der Ansturm groß. Und es gilt das Motto: Wer zuerst kommt, fährt zuerst. Das hört sich schlüssig an und als wir am Abend noch einen Spaziergang zum Fähranleger machen, um die letzte Abfahrt des Tages mitzuverfolgen, sehen wir uns in seinem Ratschlag bestätigt. Saint-Siméon ist ein kleiner, völlig entspannt wirkender Ort, der vor allem aufgrund seines Fährhafens und als Ausgangspunkt für Walbeobachtungen Berühmtheit erlangt hat.

 

 

 

Unsere Unterkunft ist sehr privat, aber für uns sehr passend, da sie sich völlig von den anonym und kühl wirkenden anderen Unterkünften im Ort unterscheidet. Auf Anraten unseres Gastgebers Gite haben wir uns nur ein paar Sachen für die Nacht und den nächsten Tag aus unserem Gepäck genommen und die Taschen ansonsten im Kofferraum belassen. Er verspricht uns am nächsten Morgen wieder zum Hafen zu fahren, genau wie er es auch am Abend macht, als wir das Auto dort gegen halb neun platzieren.

8. Tag: St. Lorenz Strom – Matane

Unser reizend mit uns auf französisch parlierender Gastgeber Gite bereitet uns am kommenden Morgen ein wunderbares Frühstück mit viel Hingabe sowie Pancakes mit Ahornsirup und Blaubeeren. Anschließend transportiert er uns dann wieder zum Fähranleger, wo unser Auto in erster Reihe, ruhig vor sich hin wartet. Die Schlange, die sich hinter uns gebildet hat, ist erheblich und wir freuen uns über die Umsicht Gites. Wir holen uns noch einen Passagierschein und um 9.30 Uhr geht es los. Die Fährzeit dauert etwa 75 Minuten über den hier ungefähre 15 Kilometer breiten Strom. Die Passagiere genießen die Überfahrt an Deck bei strahlendem Sonnenschein und für einen kurzen Augenblick gelingt es uns drei Beluga-Wale in der Entfernung auftauchen zu sehen.

 

 

Von Rivière de Loup geht es auf der Bundesstraße 132 weiter Richtung Norden. 200 Kilometer liegen auch heute vor uns. Es ist einfach eine Freude in gemütlichem Tempo auf der Straße dahin zu fahren. Entspannter kann Autofahren kaum sein. Hin und wieder nehmen wir auch – falls es möglich ist – eine kleinere Straßenvariante direkt am Meer entlang. Wir sehen malerische Orte, hübsche Buchten und gepflegte Holzhäuser mit einer dekorativen Blumenbepflanzung. Die Bebauung ähnelt sehr der an der Nordostküste der Staaten. Der Bic-Nationalpark ist unser erster Nationalpark, den wir besuchen und er bietet sensationelle Ausblicke auf die Küste und die Inseln, die im Strom lagern. Wir freuen uns über einen sonnigen Tag an der Küste, den viele Kanadier zu einem Sonnenbad nutzen.

 

 

Am späten Nachmittag erreichen wir Matane. Das Riohotel liegt direkt am Wasser und wir genießen die Sonne in einem Liegestuhl mit toller Aussicht. Das Hotel wirkt neu gebaut, lässt es aber an Atmosphäre fehlen. Die Lage ist jedoch klasse.

 

 

Am Abend gibt es noch einen Bummel in die Stadt und ein Abendessen in einer Dorfkneipe. Alles nicht spektakulär, aber angenehm normal, sodass man sich sofort wohl fühlt. Die Einheimischen sprechen hier fast nur noch Französisch. Die Zweisprachigkeit, die wir in Montreal und Quebec vorgefunden haben, ist hier eher die Ausnahme. Aber unserem Französisch tut es gut und die Quebecoises freuen sich, dass wir uns bemühen.

9. Tag: Gaspésie – Percé

Wir brechen relativ früh von Matane aus in Richtung  Halbinsel Gaspésie. Wir haben an dem Tag eine ziemlich lange Strecke von ca. 360 Kilometer vor uns und es gibt unzählige Lookouts, die einen Stop wert sind. Wir haben unglaubliches Glück mit dem Wetter. Das Wolkenspiel am Himmel ist eine zusätzliche Bereicherung für die sensationelle Strecke. Wir bleiben den ganzen Tag auf der Bundesstraße 132, die sich hinter Sainte-Anne-des-Monts immer mehr in die Bergwelt der Gaspésie schlängelt. Fast an jeder Kurve tun sich wunderbare Ausblicke auf die Küste, auf die schroff abfallenden Klippen und die immer karger werdenden Ansiedlungen auf. Die Gaspésie ist dünn besiedelt und gilt als eine der schönsten Landschaften in Ostkanada mit ihrer rauhen Natur.

 

 

Leuchttürme in den kleinen Ansiedelungen wirken nach den ersten Fotostopps fast schon normal. Bei einem Halt in einem kleinen Dort treffen wir auf eine Dame aus Montréal, die auf unser Autokennzeichen aus Massachusetts aufmerksam wird und eine Unterhaltung mit uns beginnt. Ihre Tochter lebt in dem kleinen Ort und sie selbst hat auch ein Haus hier. Für uns ist es schwer vorstellbar, wie man sich mit dem Leben hier als Großstädter arrangieren kann. Sie erzählt von den schneereichen frühen Wintern, von den Stürmen – beides können wir in diesem Moment aber gut nachvollziehen. Auch wir haben bereits unsere dicken Daunenjacken aus dem Kofferraum geholt.

 

 

Der Tag bietet eine unglaubliche Vielfalt an Landschaft und auch an Wetter. Die Krönung ist ein Doppelregenbogen und ein atemberaubendes Licht am späten Nachmittag.

 

 

 

 

Der Wind und auch manchmal der Regen geben uns die Legitimation die Gaspésie nur mit dem Auto zu erkunden und so bleiben wir trotz eines kleinen Umwegs auf der 132 bis nach Gaspé. Die letzte Etappe an diesem Tag legen wir auf einer Route Touristique bis nach Percé zurück, das uns schon als sehr touristisch angekündigt wurde. In der Tat ist hier viel los, aber wer den Overtourisme in Europa kennt, kann auch hier entspannt durchatmen. Geschmacklose Souvenirshops wechseln sich mit Pubs, Imbissbuden und Restaurants ab. Eine wunderschön gestaltete Strandpromendade zieht uns eher an und wir genießen einen tollen Ausblick von unserem Motel Le Mirage auf den Roche-Percé, ein gigantischer Monolith aus rosa Kalkstein, der angeblich nach den Niagara-Fällen das meistfotografierte Naturspektakel Kanadas darstellt.

 

 

 

Unsere Unterkunft ist kein Schnäppchen, aber jeden kanadischen Dollar wert, da wir nicht nur einen tollen Blick, sondern auch noch eine urgemütliche Unterkunft im Motelstil bezogen haben.

10. Tag: Île de Bonaventure – Carleton-sûr-Mer

Von Percé aus gibt es zwei Ausflugsmöglichkeiten mit dem Boot: Walbeobachtungen oder eine Fahrt zur Île de Bonaventure. In der Nacht kommt ein ziemlich heftiger Sturm auf und daher lassen wir uns Zeit mit der Entscheidung. Die Walbeobachtung kommt nicht in Frage, da ich erst vor Kurzem einen Artikel darüber gelesen hatte, wie diese Ausflugsboote die Tiere stressen. Und mit der Insel können wir uns Zeit lassen, da jede halbe Stunde ein Boot übersetzt. Daher frühstücken wir erst einmal gemütlich in unserem Motel, das von seinem Frühstücksrestaurant einen tollen Blick aufs Meer und den Rocher-Percé bietet. Der Sturm hat bereits nachgelassen und so nehmen wir das Boot um 12 Uhr, das eine Stunde benötigt, um zur Insel zu gelangen, da es zunächst noch einen kleinen Abstecher zu dem legendären Felsen macht und dann am Ufer der Insel entlang zu den Brutplätzen der Basstölpel fährt.

 

 

Das Ticket kostet 38 CAD pro Person zuzüglich des Nationalparkeintritts von 8,75 CAD auf der Insel. Es gibt dort einige Wanderwege, die quer über die Insel führen. Zwei davon sind derzeit geöffnet und wir wandern so zunächst etwa 45 Minuten zu den Basstölpel-Kolonien, von denen dort etwa 60.000 mit anderen insgesamt 250.000 Seevögeln brüten. Damit zählt der Nationalpark zur größten Kolonie dieser Art in Nordamerika. Bei den Vögeln geht es ziemlich laut und geschäftig zu – ein recht großes Gekreische. Etwas bedächtiger wird es, wenn man auf dem etwa 90 Minuten langen Küstentrail zurück zur Bootsanlegestelle wandert, wo in einsamen Buchten sich Robben in der Sonne aalen.

 

 

Der Tag bei fantastischem Sonnenwetter ist einfach nur genial. Schöner kann es eigentlich nicht werden: Strahlendblauer Himmel, grüne Wiesen, bunte Wiesenblumen, malerische Häuschen, einzigartige Ausblicke und faszinierende Tiere. Ein kleines Stück des Weges leistet uns sogar ein Fuchs Gesellschaft.

 

 

 

 

 

 

Die Boote gehen stündlich zurück nach Percé. Wir nehmen das Schiff um 16.00 Uhr und brechen um 16.30 Uhr zu unserer noch etwa 200 Kilometer nach Carleton-sur-Mer auf. Die Bundesstraße 132 bietet auch jetzt wieder sensationelle Ausblicke auf Buchten und das glitzernde Meer, da sie sich konstant entlang der Küste schlängelt. Aber wir bleiben diesmal eisern und lassen uns zu keinem weiteren Stopp mehr hinreißen, da wir sonst noch Stunden brauchen würden.

Gegen 19 Uhr erreichen wir Carleton-sur-Mer, wo wir uns für zwei Nächte in einem Strandmotel einquartiert haben. Das Baie Bleue ist einfach, aber völlig in Ordnung und liegt nur wenige Meter vom Meer entfernt. Wir haben Glück und sind in einem Teil des Motels, der über der Straße direkt am Meer liegt, untergebracht.

Nach einem durchschnittlichen Abendessen, bei dem es immerhin das erste Mal Hummer gibt, wenn auch nur in einem Clubsandwich, fallen wir todmüde von den vielen Eindrücken und der guten Seeluft in unsere Betten.

11. Tag: Carleton-sûr-Mer

Das Wetter ist einmal mehr fantastisch für unseren „Strandtag“. Nach einem ausgesprochen gelungenen Frühstück auf der Veranda der typisch französischen Boulangerie mit dem ersten Capuccino des Urlaubs – bisher wurde uns immer nur der doch recht dünne Americano serviert – wandern wir entlang des Strands hinein in ein Naturschutzgebiet, in dem sich die Lagunen auf der einen Seite und der St.-Lorenz-Strom auf der anderen Seite erstrecken.

 

 

Der Nachmittag gehört dem Strand. Wie in fast allen Badeorten an der Küste wurde auch in Carleton-sûr-Mer eine gepflegte Strandpromenade angelegt, wo man Bänke, Stühle und Liegen findet, auf denen man Rast machen kann. Nicht nur Urlauber, sondern zahlreiche Einheimische treffen sich an diesem Sonntag an den kleinen Strand und dessen Promenade. Hier hört man nur noch ausschließlich Französisch und auch die Verständigung läuft jetzt ausschließlich en francais. Wir genießen den Tag bei dem wunderbaren Klima mit Sonne und doch kühler Luft.

 

 

Wir beschließen es heute mal den Kanadiern gleich zu tun und früh zu Abend zu essen. Bisher waren wir um halb acht immer die letzten Gäste. Heute wollen wir um halb sechs mal bei den ersten sein. Wir haben uns für das Restaurant Le Marin d´Eau Douce entschieden. Wir sind ein wenig enttäuscht, als uns ein Tisch im Freien verwehrt wird. Angeblich, weil es bald kalt werden wird. Das Essen entschädigt jedoch und ist erstklassig. Der Service durch die Chefin selbst weniger – und es fällt uns schwer, dem grundsätzlichen Mindestvorschlag von 15 % Trinkgeld nachzukommen.

 

 

Der Tag klingt mit einem sensationellen Sonnenuntergang aus und wie alle Kanadier verkriechen wir uns bald in unsere Unterkunft.

12. Tag: New Brunswick – Shediac

Wir wachen früh auf an diesem Morgen und beschließen auch früh aufzubrechen. Nach einem kurzen Frühstück in der wunderbaren Boulangerie, in der sich das halbe Dorf trifft, machen wir uns auf den Weg nach New Brunswick, die einzige Provinz Kanadas, die tatsächlich gleichberechtigt zweisprachig ist. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt erreichen wir die Provinzgrenze, die durch eine imposante Brücke gekennzeichnet ist.

 

 

Wenn man genau hinsieht, dann sind zunächst die englischen Einflüsse ein wenig klarer sichtbar, allerdings verschwindet dieser Eindruck bald wieder. Die Provinz wirkt ärmlicher als Québec und auch nicht ganz so spektakulär, wenigstens dort, wo wir entlang reisen. Wir kommen schnell voran an diesem Morgen, weil uns der Weg über Land führt und wir auch nicht ständig anhalten müssen, weil die Landschaft so atemberaubend ist. Kurz nach Mittag erreichen wir den Nationalpark Kouchibouguac, wo wir eine kleine Wanderung machen wollen. Die dort befindlichen Trails sind alle relativ kurz und wir entscheiden uns für den „Claire Fontaine Trail“, der mit 3,3 km der längste ist. Schon kurz nachdem wir losgelaufen sind, sind wir froh, dass er nicht länger ist. Die Mücken versuchen uns aufzufressen. Bisher sind wir davon Gott sei Dank verschont geblieben, weil die Stechmückenzeit im August schon wieder abgeflaut ist. Aber diesmal können wir nicht entkommen. Schnellen Schrittes absolvieren wir den Trail, der nett zu gehen ist, schöne Ausblicke auf das Wasser bietet und eine beeindruckende Waldvegetation aufweist. Beim Visitorzenter ist eine Picnic-Area, die wir gerne zum Rasten nutzen und dort auch verschont von den lästigen Tierchen werden.

Nur etwa 20 Kilometer weiter machen wir einen Abstecher zu den Dünen von Bouctouche, die sich auf jeden Fall auch bei bewölktem Wetter lohnen. Sehr liebevoll ist der Steg durch die Dünenlandschaft gebaut und bei schönen Wetter kann man dort sogar baden.

 

 

Die letzten 40 Kilometer nach Shediac, unserem heutigen Ziel sind schell hinter uns gebracht. Hier wartet heute eine ganz besonderes Juwel als Unterkunft auf uns. Das Hôtel au Vieux Port, in dem wir hochherrschaftlich in einer Suite residieren, ist eine tolle Adresse mitten im Zentrum: Eine alte Villa mit viel Charme, aber auch Eleganz, bietet uns heute ein Zuhause für eine Nacht. Die Übernachtung ist nicht gerade ein Schnäppchen, aber wir haben heute zwei Schlafräume, zwei Bäder, jede Menge Behaglichkeit und  gediegenen Komfort. Einziger Wermutstropfen ist, dass sowohl der Check-In wie auch der Check-Out völlig digitalisiert sind und man keine gastgebende Menschenseele zu Gesicht bekommt.

 

 

Shediac ist die Hummer-Hochburg Ostkandadas. Alles dreht sich um den köstlichen Meeresbewohner, der dort tonnenweise aus dem Wasser gefischt wird und sehr erschwinglich auf den Speisekarten der Restaurants zu finden ist. Damit auch jeder Besucher über diese Spezialität des Städtchens informiert ist, thront ein Riesenhummer von 55 Tonnen direkt am Eingang von Shediac und empfängt seine Besucher.

 

 

 

Wir halten uns an die Empfehlung von Trivadvisor, obwohl die Berwertungen wie sehr häufig auf unserer Reise eher veraltet sind und aus den Jahren 2017 oder noch früher stammen. Wir landen im La Coast Restaurant & Bar und bekommen dort ein recht ordentliches Essen serviert mit nettem Service und Hummer in verschiedenen Varianten.

13. Tag: Cape Jourimain – Amherst – Tatamagouche

Heute wollen wir am Morgen in Richtung Prinz-Edward-Insel, der kleinsten Region Kanadas, fahren. Erst seit 1997 verbindet die 12,7 Kilometer lange Confederation Bridge die Insel mit dem Festland von Nova Scotia, das wir inzwischen erreicht haben. Am Brückenbeginn, wo sich zugleich der Nationalpark Cape Jourimain mit seinem Besucherzentrum befindet, gibt es ein kleines interessantes Museum, das von dem vor allem im Winter beschwerlichen Transportwesen zu der Insel erzählt, die vor dem Brückenbau monatelang nur über das Eis erreichbar war. Langsam, beim Betrachten der Erläuterungen und alten Fotos, bekommt man ein Gespür dafür, was die Confederation Bridge für die Inselbewohner bedeutet hat. Von einem Aussichtsturm und bei einer kleinen Wanderung zu einem Leuchtturm bieten sich immer wieder Ausblicke auf die beeindruckende Brücke mit ihren leuchtendweißen Brückensäulen.

 

 

 

Da wir auch heute wieder sehr unangenehm von Stechmücken belästigt werden, im Besucherzentrum eine Skala hängt, die ich bisher nur von der Waldbrandgefahr kenne, und die besagt, dass der Moskito-Level heute minimal ist, entsteht eine gewisse Vorahnung, wie es hier wohl sein muss, wenn die Skala auf Rot steht in den Monaten Juni / Juli. Auf die Insel selbst fahren wir nicht, uns fehlt die Zeit, und nur eine Fahrt über die Brücke lohnt aufgrund der fälligen Maut von über 40 CAD nicht.

Wir wollen stattdessen weiter nach Amherst, einem laut meinem Reiseführer entzückenden Städtchen mit einer malerischen Victoriastreet, die von schönen historischen Bauten gesäumt wird. Als wir ankommen finden wir eine eher verlassen wirkende Kleinstadt vor, die schon nach einem ersten Ablaufen der Victoriastreet leichte Depressionen verursacht.

 

 

Da wir noch nicht gefrühstückt haben und es mittlerweile nach 13 Uhr ist, sind wir auch auf der Suche nach einem netten Restaurant. Schnell wird uns bewusst, dass das schwierig werden könnte. Plötzlich spricht uns eine alte Dame auf der Straße mit einem netten Smalltalk über das heute herbstlich wirkende Wetter an. Wir kommen schnell ins Gespräch, sie erkundigt sich nach unserer Herkunft und unseren Plänen für Nova Scotia. Sie erzählt von ihrer Schwester, die im Schwarzwald und in Iserlohn stationiert war und dass sie die Kuckucksuhr, die sie von ihr zur Hochzeit bekommen hat, immer noch zu Hause im Wohnzimmer hängen hat. Dann erzählt sie, dass sie das örtliche Theater leitet und dass sich Amherst sehr zu ihrem Leidwesen in eine triste aussterbende Stadt verändert hat in den vergangen Jahren. Bevor wir auseinander gehen, bitten wir sie noch um eine Restaurantempfehlung und sie schickt uns zu Breakfast at Brittney´s, das auch uns schon als einzig mögliche Variante ins Auge gefallen war. Als wir in dem typisch nordamerikanischen Familiy Restaurant gegegessen haben und bezahlen wollen, erfahren wir, dass Bette – so unsere neue kanadische Freundin – bereits angerufen und dort die Nachricht hinterlassen hat, dass sie unser Essen übernimmt und wir es als Willkommensgruß in Nova Scotia ansehen sollen. Wir sind echt platt. So etwas haben wir noch nie erlebt! Die Serviererin meint nur: So ist „unsere Bette“ halt…

Total gerührt von dieser Geste und diesem herzlichen Willkommen setzen wir unsere Fahrt auf dem Sunsettrail nach Tatamagouche fort. Unsere heutige Unterkunft ist etwa 15 Kilometer vor dem Ort, an der Malagash Road und ist ein entzückendes B&B namens MeHomeBy.

 

 

Valorie, unsere Gastgeberin macht ihre Sache super und wir fühlen uns in dem gepflegten Haus richtig wohl. Die Tipps, die sie uns fürs Abendessen in Tamagouche gibt sind klasse, auch über das Weingut und die Cidérie, die in unmittelbarer Nähe liegen, kann sie vortrefflich Auskunft geben. Sie empfiehlt uns auch früh zum Abendessen nach Tamagouche zu fahren, da um sieben dort alle Restaurants geschlossen werden, was sich auch bestätigt.

 

 

 

Von ihren Empfehlungen entscheiden wir uns für das Chowder House und essen köstliche Jakobsmuscheln und Chowder.

 

14. Tag: Cape Breton und Inverness

Das Frühstück bei Valorie ist traumhaft. Sie bäckt Pancakes mit Blaubeeren, Muffins und Quiche, hält unzählige selbstgemachte Marmeladen vor und verwöhnt uns auch sonst nach Strich und Faden. Wir treffen beim Frühstück ein Paar aus Vermont mit denen sich, gemeinsam mit unserer Gastgeberin eine interessante Unterhaltung zum Leben in diesem einsamen Teil von Kanada entspinnt. Wir brechen zeitig auf, obwohl wir gerne noch weiter mit unserer wunderbaren Lorie geplaudert hätten – man trifft selten jemanden, der sein B&B mit so viel Leidenschaft führt.

Wir wollen gegen Mittag auf der Insel Cape Breton sein, was uns auch gelingt. Da wir bereits so früh in unserem B&B einchecken können, wollen wir das zuerst erledigen und dann an den Strand von Inverness, der als der schönste des Cape Breton gilt. Wir beziehen unsere teuerste Unterkunft der Reise, das MacLeod Inn, das etwa drei Kilometer außerhalb von Inverness in traumhafter Lage mit Meerblick liegt. Es ist ein Idyll mit hochwertiger und gemütlicher, vor allem aber geschmackvoller Zimmerausstattung und einer wunderschönen Veranda, wo man am Abend noch einen Drink genießen kann.

 

 

Den Nachmittag verbringen wir bis zum frühen Abend am Strand von Inverness, der ein traumhaftes Fleckchen Erde abbildet, vor allem an dem herrlichen Sommertag. Man kann fast kilometerlang am Strand entlang spazieren oder aber auch den gepflegt angelegten Boardwalk durch die Dünen nutzen. Beides hat seinen unbeschreiblichen Reiz.

 

 

 

 

 

Nach einem späten Mittag- oder frühen Abendessen im Route 19 Brewing auf der Terrasse in der Sonne und mit Blick aufs Meer  kehren wir noch einmal an den Strand zurück. Hier ist es inzwischen noch stimmungsvoller geworden und nach und nach finden sich am Boardwalk einige Einheimische ein, die alle von dem traumhaften Sommerabend begeistert sind und die letzten Sonnenstrahlen bei einem Spaziergang am Meer genießen wollen. Sie sind begeistert, dass wir aus Deutschland den Weg zu ihnen gefunden haben und nette Unterhaltungen entwickeln sich.

 

 

 

Als wir vor Sonnenuntergang dann zu unserem Landhaus zurückfahren, biegen wir nicht direkt in die Auffahrt ein, sondern verfolgen die Straße, die kurz nach der Einfahrt zu einem Schotterweg wird, weiter und plötzlich tut sich hier eine sensationelle Aussicht auf und gibt uns einen Vorgeschmack auf den kommenden Tag, an dem wir das Cap Breton auf dem Cabot Trail umrunden wollen.

 

 

Mit einem Glas Wein klingt der Abend auf der Veranda von unserem idyllischen Inn aus – so könnte man immer leben, aber wie uns die Einheimischen mehrfach versichert haben, ist das Kap nicht immer so lieblich, wie es sich uns präsentiert, vor allem, wenn die eisigen Winde, der Regen und der Schnee im Herbst und Winter zuverlässig einsetzen.

15. Tag: Cape Breton mit dem Cabot Trail

Die Nacht in unserem B&B ist herrlich: Die Matratzen sind so hoch, dass man sich wie die Prinzessin auf der Erbse nur ohne Erbse fühlt und man zudem einen wunderbareren Blick auf das Meer am Horizont von seinem Nachtlager aus hat. Beim Frühstück in dem geschmackvollen Livingroom fühlt man sich wie zu Gast bei Freunden. Pam und Alistair MacLeod sind perfekte Gastgeber und ein launiges Geplauder mit einem Paar aus New Brunswick und einem Paar aus Halifax, die zum Golfen am Cape Breton sind, sowie mit einer reizenden alten Dame ebenfalls aus New Brunswick, die Stammgast im Haus ist, macht den Start in den Morgen noch angenehmer.

Bei uns steht heute die Fahrt auf dem Cabot Trail, einer der schönsten Küstenstraßen der Welt auf dem Programm. Und das Wetter ist bestens: Milder Wind und strahlender Sonnenschein mit ein paar malerischen Wölkchen am Himmel. Es gibt wenig dazu zu sagen, denn die Bilder sprechen für sich. Wir steuern unzählige Lookouts an und genießen atemberaubende Ausblicke.

 

 

 

 

 

Die Fahrt durch den Nationalpark, an dessen Eingang uns von unglaublich freundlichen Rangerinnen alles Sehenswerte und die besten Highlights erläutert werden, unterbrechen wir nur durch den empfohlenen Abstecher in Cape North nach Meat Cove, wo es ausgezeichnetes Seafood in einer Chowder-Hut geben soll. Der Koch hat leider an diesem Tag seinen freien Tag, aber der Abstecher lohnt dennoch aufgrund des unglaublichen Panoramas, das sich bietet.

 

 

Man könnte Wochen beim Wandern am Cape Breton verbringen, da unzählige gut ausgeschilderte Trails auf der Insel gekennzeichnet sind. Aber leider fehlt uns die Zeit dazu und so machen wir zwar kleine Spaziergänge und unzählige Fotostopps, aber mehr lässt unser Zeitplan leider nicht zu.

 

 

 

Nach einer kleinen Überfahrt mit der Fähre erreichen wir am Abend Baddock. Baddock, das wie Inverness zu den Start- und Endpunkten des Cabot-Trails zählt, ist ein idyllischer kleiner Ort mit einem Hafen, einem Leuchtturm und ein paar netten Kneipen.

 

 

 

Wir haben uns im Telegraph Hotel und Motel einquartiert, wo schon Graham Bell häufig abgestiegen war, bevor er sich für knapp 40 Jahre seines restlichen Lebens ganz in Baddock niedergelassen hat und heute auch noch sein Landsitz als Museum zu besichtigen ist. Wir beschließen heute in dem stilvollen Ambiente des Hotels aus dem 19. Jahrhundert im Andenken an Graham Bell zu speisen, zumal das Hotel wohl über eine ausgezeichnete Küche mit ausschließlich regionalen Zutaten verfügt: Zur Vorspeise gibt es je drei Austern, die wir eigentlich schon längst verkosten wollten, aber noch nie Gelegenheit dazu hatten. Im Hauptgang entscheiden wir uns für Lobster, bereits ausgelöst, sodass man einfach nur genießen und nicht vorher noch arbeiten muss. Auch ein Dessert gönnen wir uns ausnahmsweise, da es den entzückenden Namen „Winter in Baddock“ trägt und aus Eiscreme mit Baiser und Wodka mit Ahornsirup besteht. Alles in allem nicht nur ein Augenschmauß, sondern auch ein kulinarisches Highlight unserer Reise in historisch nettem Ambiente. So hätte es sicherlich auch Mr. Bell sehr genossen.

 

 

16. Tag: Halifax

Heute wartet Halifax auf uns! Etwa vier Stunden fahren wir auf gut ausgebauten Highways in die Hauptstadt von Nova Scotia, die für mich der Auslöser für die Reise war. In meiner Vorstellung herrschte in der Stadt immer ein rauhes Klima, lag fast immer Schnee und eigentlich wurde es nie richtig hell. Große Containerschiffe und Öltanker lagen im Hafen. Und jetzt die Wirklichkeit? Es hat 30 Grad, die Stadt pulsiert und an der Waterfront tobt das Leben. Es ist vergleichbar mit den skandinavischen Metropolen im Sommer.

 

 

Wir beziehen zunächst unser Quartier in der Downtown, im Cambridge Suites Halifax. Wir haben lange überlegt, ob wir nicht eine günstigere Unterkunft etwas außerhalb der Stadt wählen sollten, aber waren jetzt mit der Entscheidung sehr zufrieden. Die Zitadelle und der Uhrturm – beides eine Art Wahrzeichen der Stadt liegen um die Ecke und auch an die Waterfront müssen wir bergab nur ein paar Häuserblocks überwinden.

 

 

 

Wir steigen am Nachmittag erst zur Zitadelle hinauf, um einen Überblick auf die Stadt und den Hafen zu haben. Dann besuchen wir den Public Garden, werfen einen kurzen Blick in die Kathedrale und gehen dann zur Waterfront, wo sich das Leben an diesem Nachmittag abspielt. Unzählige Restaurants mit Außengastronomie, Stände, Verkaufsbuden, Bühnen und Sitz- und Liegemöglichkeiten findet man an dem ausgesprochen belebten und ansprechenden Hotspot der Stadt.

 

 

 

 

Yachten und kleinere Boote liegen im Hafen, auf denen sich auch kleine Gesellschaften für einen Drink verabredet haben. Da man von der Fähre nach Dartmouth den schönsten Blick auf die Skyline von Halifax hat, nehmen wir diese am frühen Abend. Für 2,50 CAN kann man hin- und zurückfahren. Die Fähre geht alle 15 Minuten vom Fährhafen aus und braucht gerade acht Minuten für die Überfahrt. Da auch das gegenüberliegende Ufer nette Sitzgelegenheiten bereit hält, rentiert es sich, auszusteigen und das Panorama zu genießen.

 

 

 

 

In Halifax essen wir ausgezeichnet im McKelvie ´s zu Abend und genießen den Ausklang des Tages auf der Terrasse. Als wir später noch einmal eine Runde an der Waterfront drehen, sind zwar die Restaurants noch belebt, aber es wird langsam ruhig. Die Kanadier sind einfach keine Nachtmenschen, obwohl Halifax hat einen gewissen Ruf in der Musikszene hat. In vielen Pubs und Kneipen wird am Abend Livemusik gespielt. Die Stadt wird gerne auch das „San Francisco des Nordens genannt“. Die Ähnlichkeit ist nicht zur verleugnen: Die Waterfront, die McDonalds-Bridge nach Dartmouth, die an die Golden Gate Bridge erinnert und auch die hügeligen Straßen, die sich vom Hafen in die Stadt hinaufziehen.

 

 

 

 

17. Tag: Peggy´s Cove und Lunenburg

Unser Hotel bietet ein Continental Breakfast an, sodass wir relativ früh auf dem Weg nach Peggy´s Cove sind, jedenfalls bevor die Massen dort eintreffen. So erscheint es uns jedenfalls – so viele Menschen haben wir seit Québec City nicht mehr gesehen.

Peggy´s Cove ist ein kleines malerisches Fischerdorf, das über den meistfotografierten Leuchtturm Kanadas verfügt. Der ganze Ort ist ein einziges Fotomotiv mit seinen bunt bemalten Fischerhäusern, seinen Hummerreusen und den kleinen farbenfrohen Fischerbooten.

 

 

 

 

Dazwischen platziert sich sehr fotogen der Leuchtturm, der umgeben von feingeschliffenen riesigen Steinen ist,  und noch ein Überbleibsel aus der letzten Eiszeit sind.

 

 

Galerien und Andenkenshops reihen sich aneinander und freuen sich über die Besucher, die vorwiegend aus den östlichen Staaten Kanadas kommen. Wir machen noch einen kleinen Abstecher zur Dorfkirche. Hier und auch einige Kilometer weiter an einer Gedenkstätte, wird an die  Opfer des Flugzeugabsturzes der Suisse Air Maschine am 2.9.1998 mit über 200 Toten gedacht.

Etwa eine Stunde weiter liegt Lunenburg, dessen Namen auf Einwanderer aus Lüneburg in den 50er Jahren des 18 Jahrhunderts zurückgeht. Auch hier sind wir nicht die einzigen Besucher an diesem für die Kanadier aufgrund des Labourdays verlängerten Wochenende.

 

 

 

Die Innenstadt von Lunenburg ist UNESCO-Weltkulturerbe mit seinen bunten Holzhäusern und seiner entzückenden Waterfront. Von hier aus kann man Bootsausflüge, Rundfahrten, Angeltouren und Walbeobachtungen starten. Auch das Souvernir-Shopping kommt nicht zu kurz, aber wie schon seit Beginn unserer Reise, ist der kanadische Geschmack nicht ganz der unsere und so bleiben wir durchgängig von Kaufattacken verschont.

Auf jeden Fall einen kurzen Stopp ist auch die zwischen Peggy´s Cove und Lunenburg gelegene kleine Ortschaft Mahone Bay wert. Auch hier sind die Straßen gesäumt von hübschen Häusern, die früher von Fischern bewohnt waren und heute als Restaurant und Boutique eine neue Verwendung gefunden haben. Das bemerkenswerteste Fotomotiv bildet jedoch ein Blick auf die drei Kirchen des Ortes, die unmittelbar nebeneinander liegen und alle Hauptglaubensrichtungen der Gegend bedienen.

 

 

Unseren letzten Abend lassen wir in Halifax in einem Restaurant abseits des geschäftigen Hafenviertels ausklingen. Edna ist ein kleiner Geheimtipp derzeit noch unter den Bewohnern von Halifax. Kaum ein Fremder findet den Weg in diese Ecke der Stadt. Wir essen köstliche Austern und Scalops in netter entspannter Atmosphäre.

 

Letzter Tag

Der Tag beginnt entspannt mit einem Frühstück und gegen Mittag machen wir uns in Richtung Flughafen auf, der etwa 40 Kilometer vor der Stadt liegt und wo wir uns von unserem Buick verabschieden, der uns über 3.000 Kilometer durch die kanadischen Atlantikprovinzen kutschiert hat. Aufgrund der Streichung des direkten Fluges von Halifax nach Reykjavik, der von Icelandair mit einer Boing 737 max bedient wurde, fliegen wir bereits am Nachmittag nach Toronto und von dort aus dann weiter nach Reykjavik. Dort trennen sich dann unsere Wege wieder und ich kehre am frühen Nachmittag nach München zurück.

 

 

BREGENZER FESTSPIELE

 

Rigoletto auf der Seebühne in Bregenz – Die Vorschusslorbeeren waren gigantisch, vor allem nach der Premiere und der ersten Fernsehübertragung. Das Bühnenbild und das Spektakel auf der Bühne wurde als phänomenal angekündigt.

 

 

Und das war es auch. Leider in unserem Fall in der Anfangsphase ziemlich verregnet, was zunächst den Genuss ein wenig reduzierte. Aber das war bald vergessen und eine tolle Inszenierung mit großartigen Stimmen erwartete uns auf der Bühne.

 

 

Auf Grund der Witterung gibt es hier jetzt nur ein paar vereinzelte Fotos, aber Rigoletto findet natürlich auch wieder im kommenden Jahr in Bregenz statt und wer es dieses Jahr aufgrund der großen Nachfrage nicht geschafft hat, an Karten zu kommen, kann es im nächsten Jahr versuchen.

 

 

 

 

ZÜRICH

Nachdem ich Zürich von beruflichen Einsätzen bisher nur entweder bei Nebel im Winter oder bei Regen im Herbst kennenlernen durfte, fand ich, dass die Stadt nun endlich einmal einen Besuch im Sommer wert war. Dass es nun ein Besuch bei Gluthitze im Sommer werden sollte, konnte ich noch nicht ahnen, als wir das letzte Juni-Wochenende für den Städtetrip nach Zürich ausgewählt hatten. Trotz 37 Grad wurde es dennoch ein interessanter und auch sehr schöner Aufenthalt.

 

 

Mit dem Auto nach Zürich zu fahren, lohnt nur bedingt. Denn die Zug- und Flixbusverbindungen sind gut und vor Ort braucht man das Auto nicht. Im Gegenteil. Parkplätze in der Innenstadt sind Mangelware und falls man einen ergattert, auch nicht gerade preiswert. Aber ich hatte mir für dieses Jahr eine Vignette gekauft und das Auto „entsorgte“ eine Freundin, die mit uns kam und das Wochenende nutzte, ihren Freund zu besuchen, der kostenlose Parkplätze vor der Haustür hatte.

 

 

Als Unterkunft hatten wir uns mal wieder für ein Motel One entschieden, das brandneu in der Innenstadt, nur etwa zehn Gehminuten von der Limmat und vom Zürichsee entfernt, vor geraumer Zeit eröffnet wurde. Schweizer Schokolade ist das Thema des Hotels, das dort vor allem in der Hotelbar besonders attraktiv umgesetzt wird. Goldenes Schocki-Papier an der Decke, Macrons als Tische und eine ziemlich viel Ähnlichkeit mit eine Schokoladentafel aufweisende Wandverkleidung –  um hier nur einige Accessoires aufzuzählen. Wir hielten uns gerne in der großzügigen Bar auf, nicht nur aufgrund der fantastischen Klimatisierung. Wenn es nicht ganz so heiß ist, ist sicherlich der launchig gestaltete Innenhof auch noch eine Besonderheit des Hotels.

 

 

Tja, was macht man jetzt in Zürich im Hochsommer? Wir beschlossen, es langsam anzugehen und uns zunächst durch die Altstadt treiben zu lassen und dem Stadtrundgang zu folgen, der auf unserem Hotelstadtplan eingezeichnet war. So führte uns unser Weg zunächst ans Ufer des Zürichsees, der sich als zweitgrößter ausschließlich Schweizer See über 80 km lang erstreckt und von der Limmat gespeist wird, die die Altstadt durchzieht.

 

 

Allein der Blick aufs Wasser tut an diesem Tag gut, auch wenn alle Schattenplätze am See besetzt sind. Wenige Schritte vom Zürichsee entfernt trifft man auf das weltberühmte Opernhaus, das hochkarätiges Musiktheater bietet.

 

 

Am rechten Ufer der Limmat entlang mit herrlichem Blick auf die dort liegenden Segelboote, erliefen wir uns die malerische Altstadt mit ihren idyllischen Vierteln Nieder- und Oberdorf. Mittelalterliche Häuser, enge Gassen, einladende Restaurants und kreative Shops wechseln sich ab und vermitteln dem Besucher tatsächlich eher einen dörflichen Eindruck statt dem einer Weltstadt. Jede der Brücken über die Limmat bietet eine neue Perspektive auf die hübsche Altstadt und den See.

 

 

 

 

Eines der Highlights des Stadtbummels stellte sicherlich die Aussicht vom Lindenhof auf das Herz Zürichs dar. Zufälligerweise fand auf der Limmat an diesem Tag ein traditionsreicher Wettbewerb im Wasserfahren statt und im Lindenhof hatten wir sozusagen einen Logenplatz, noch dazu im Schatten.

 

 

Ein völlig anderes Zürich präsentierte sich dann bei einem Bummel durch die weltberühmte Bahnhofsstraße, die als eine der teuersten Einkaufsstraßen der Welt gilt. Aber nicht nur die frühen Schließzeiten der Geschäfte am Samstagnachmittag hielten uns hier von einer Shopping-Tour ab.

 

 

Einen herrlichen Abschluss des Sightseeing-Programms bildete der Besuch des Fraumünsters. Hier kann man in aller Ruhe mit Audioguides der Geschichte des Stifts lauschen und sich die fünf fantastischen Kirchenfenster von Marc Chagall erklären lassen.

 

 

 

Da ein Zürich-Besuch ohne die Verkostung eines original Zürcher Geschnetzelten undenkbar ist, fiel das Los am Abend auf die Traditionsgaststätte Bierhalle Kropf. Der Name täuscht ein bisschen, denn das Ambiente ist durchaus sehenswert mit Jugendstildekor und barocken Deckenmalereien. Für uns war jedoch an diesem Abend ausschlaggebend, dass sie auch eine nette Außenterrasse haben, auf der durchaus auch Weintrinker auf ihre Kosten kommen.

 

 

Der Abend klang auf einem Mäuerchen an der Limmat in aller Ruhe aus, wo man das ausgehfreudige einheimische und auswärtige Publikum wunderbar beobachten konnte.

 

 

 

Der Sonntag startete mit einem ausgiebigen Motel-One-Frühstück, das sich durchaus sehen lassen kann und für Züricher Verhältnisse mit 18 SFR auch durchaus erschwinglich ist. Der Sommer schien weiterhin auf Höchsttouren zu laufen und schlug den Vortag nochmals um zwei Grad, sodass die Entscheidung ohne lange Überlegung auf eine Schifffahrt fiel. 90 Minuten dauert die kleine Seerundfahrt, die mit einigen Stopps über Küsnacht bis nach Erlenbach führt und dann am anderen Seeufer entlang wieder zurück zum Bürkliplatz in Zürich. Man kommt ein wenig ins Träumen, wenn man an den gepflegten Villen mit Seegrundstück und eigenem Steg und Boot vorbeischippert. Damit man nicht neidisch wird, muss man sich einfach ganz schnell vorstellen, wie häufig die Stadt normalerweise zu anderen Jahreszeiten im Nebel hängt und dass man selten von seinem Seegrundstück so viel hat, wie an diesem Ausnahme-Sommer-Wochenende.

 

 

Den restlichen Tag verbringen wir mit einem kleinen Spaziergang entlang des östlichen Seeufers bis zum Belvoir-Park mit seinen Iris- und Tagliliengärten. An den Ufern des Sees und der Limmat ist an diesem Tag kein freies Plätzchen mehr zu ergattern, alle streben in Richtung Wasser. Und so sind die für Zürich so typischen Badeanstalten auch bis auf den letzten Platz gefüllt.

 

 

 

Zürich hinterlässt bei mir einen ausgezeichneten Eindruck. Die Stadt tut gut mit ihrer Gepflegtheit und Idylle. Und es gibt auf jeden Fall noch jede Menge zu sehen für einen zweiten und auch dritten Besuch. So viel steht fest.

LJUBLJANA

Sympathisch, bezaubernd, entspannt – diese Adjektive fallen einem spontan ein, wenn man Ljubljana adhoc beschreiben soll.

 

 

Jedenfalls ist es sicherlich eine der gechilltesten Hauptstädte, die es auf der Welt gibt. Gerade mal 280.000 Einwohner hat die Kapitale von Slowenien und 60.000 davon sind Studenten, die das Stadtbild erheblich mitprägen. Vor allem die überwältigende Vielfalt an Gastronomie begeistert einen erstmaligen Besucher und lässt Ljubljana weltstädtisch erscheinen.

 

 

Urban und dann an vielen Stellen auch wieder fast ländlich, so präsentiert sich die Stadt, die slawische, italienische und aber auch sehr viel österreichische Einflüsse zu verzeichnen hat.

 

 

Wir haben uns über Airbnb bei Miro, einem sympathischen Ljubljancano einquartiert. Die Wohnung liegt optimal nur ca. 15 Gehminuten vom zentralsten Punkt der Stadt und nur ein paar Schritte vom Ufer der Lubljanica entfernt. Die Unterkunft ist ein Glückstreffer: Großzügig, bestens und gemütlich ausgestattet, sauber und mit einer großen Dachterrasse sowie einem Parkplatz. Besser geht es nicht für unsere Zwecke.

 

 

An unserem ersten Tag in Ljubljana lassen wir uns einfach so treiben und begeistern. Entlang der Lubljanica, die sich durch die Altstadt windet und vielen Cafés und Restaurants eine malerische Kulisse bietet, schlendern wir ins Zentrum. Ein Lokal reiht sich ans andere und wirkt witzig inszeniert und mit viel Liebe gestaltet.

 

 

 

Obwohl über den Feiertag auch viele Touristen in der Stadt sind, scheinen aber eher die Einheimischen und die Studenten das Bild zu prägen. Je weiter man sich nun dem Stadtplatz und dem alten Markt, den zentralsten Plätzen der Stadt, nähert, um so mehr wird einem der österreichische Einfluss in der Architektur bewusst. Eine hübsche Jugendstilfassade reiht sich an die nächste.

 

 

Die Ljubljaner Burg überragt die Stadt recht imposant. Man hat die Möglichkeit sie bei einer kleinen Wanderung zu erklimmen oder man wählt die einfachere Lösung mit der Standseilbahn. Wir entscheiden uns für die erste Variante und werden für den kurzen Aufstieg mit einem tollen Blick auf die Stadt belohnt. In der Burg selbst gibt es einige Museen, die wir aber nicht für so besuchenswert erachten. Allerdings gibt es in dem Kellergewölbe unter dem Burgcafé jeden Freitagabend eine Jam-Session, die sich mehr lohnt.

 

 

 

 

 

Überhaupt hat man das Gefühl, dass ein Festival das andere in der umtriebigen Stadt jagt. Eine feste Größe ist das im Sommer jeden Freitag stattfindende Event „Open Kitchen“ wo arrivierte Köche, bodenständige Gastronomen oder internationale Restaurantbetreiber ihre Köstlichkeiten an Ständen am Marktplatz anbieten. Wem das zu wenig gemütlich ist, der kann sich gegenüber an der Markthalle an den vielen draußen aufgestellten Tischen niederlassen und die vielfältigen Düfte auf sich wirken lassen.

 

 

Am Abend haben wir uns im Guizina einen Tisch reserviert. Das authentisch slowenische Essen wird hier sehr gelobt. Man sollte sich auf deftige Spezialitäten einlassen können, sonst wird man hier allerdings eher enttäuscht.

 

 

 

Wer es weniger herzhaft möchte, der ist in der slowenischen Hauptstadt ebenfalls bestens aufgehoben. Kuchen, Torten, Palatschinken, Strudel – auch bei den Nachspeisen lassen sich die österreichischen Einflüsse häufig nicht leugnen. Das beste Eis der Stadt gibt es übrigens im Café Cacao, das man entweder im Vorbeigehen im Straßenverkauf mitnehmen oder sich mit Blick auf die Burg und die Markthallen auch am Ufer der Lubljanca in den gemütlichen Loungemöbeln des Cafés niederlassen kann.

 

 

 

Jeden Tag um 11.00 Uhr und im Sommer auch um 15.00 Uhr (Treffpunkt an der roten Kirche am Presernov Trg) bieten die „Free Guides“ eine kostenlose zweistündige Stadtführung zu den Hauptsehenswürdigkeiten von Ljubljana an. Am Ende gibt man, wenn es einem gefallen hat, ein Trinkgeld. Der Guide ist klasse, allerdings ist die Gruppe an diesem Brückentag, obwohl drei Guides parat stehen, viel zu groß, sodass wir uns nach wenigen Minuten gegen eine Teilnahme entscheiden und uns lieber wieder auf eigene Faust durch die Stadt treiben lassen. Ljubljana ist auch deswegen so entspannend für einen Städtetrip, da man nie das Gefühl hat, in dem überschaubaren Zentrum, irgendeine Hauptsehenswürdigkeit übersehen zu haben. So bleibt mit gutem Gewissen auch noch ausreichend Zeit für einen kleinen Bummel durch die hüschen Geschäfte der Altstadt.

 

 

 

 

Einen fast so guten Blick wie von der Burg und weniger anstrendend, hat man übrigens auch von dem 13 Stockwerke hohen Neboticnik. In den 1930er Jahren zählte das Gebäude zu Europas höchsten Wolkenkratzern. Heute ist dort oben eine Lounge mit Rundum-Panorama-Terrasse untergebracht.

 

 

Natürlich hat eine so große Studentenstadt auch eine alternative Szene: Metelkova Mesto. Allein wegen der Graffities, die sich hier an den Hauswänden finden, sollte man diesen kleinen Abstecher in den Norden der Stadt machen. Ansonten geht es hier untertags eher beschaulich zu und das Leben beginnt erst in der Nacht in den zahlreichen Musikclubs.

 

 

 

Nur etwa 40 Autominuten von Ljubljana entfernt liegt Bled, das vor allem für seinen malerischen See berühmt ist. Wir legen hier auf der Rückfahrt noch eine kleine Pause für einen Spaziergang rund um den See ein. Der Abstecher ist es auf jeden Fall wert, auch wenn wir kein Boot zur Insel nehmen, wo die idyllische Kirche Maria Himmelfahrt steht.

 

 

 

LIVERPOOL

Liverpool ist auf jeden Fall einen eigenen Städtetrip wert. In unserem Fall musste ein Tagesausflug von Manchester aus genügen, aber die Stadt hat auf jeden Fall ausreichend zu bieten, um auch einen Mehrtagesaufenthalt zu rechtfertigen.

 

 

 

Den meisten Menschen fallen beim Stichwort Liverpool sicherlich zunächst die Beatles ein, die berühmtesten Söhne der Stadt. Jürgen Klopp, der dort inzwischen ähnlich verehrt wird, arbeitet daran, als Trainer vom FC Liverpool einen annähernden Legendenstatus zu erreichen. Zu einer Statue hat es dort noch nicht gereicht, aber beeindruckende Wandmalereien in unübersehbarer Größe sind schon geziert mit seinem Konterfei.

 

 

„Heruntergekommene Hafenstadt“ – das ist das Image aus vergangenen Tagen, mit dem sich die Stadt zum Teil heute noch herumschlagen muss. Aber dem ist überhaupt nicht mehr so. Natürlich gibt es noch Randbezirke, in denen man ungern wohnen möchte, aber die Innenstadt hat sich sehr ansehnlich gemausert.

 

 

Allen voran sind es die alten Hafenbecken, die die Besucher anziehen und mit Shops, Cafés und gelungener Architektur begeistern. Das Hafenviertel von Liverpool galt zur Bauzeit als einer der modernsten Häfen der Welt und steht seit 2004 auf der Liste der Weltkulturerbestätten der UNESCO. Die populärsten Viertel des Hafens sind der Albert Dock und der Pier Head, auf dessen Areal markanten Gebäude errichtet wurden. Ähnlich wie in Manchester ist es auch hier bewundernswert attraktiv gelungen, alte mit moderner, teilweise sogar gewagter Architektur zu kombinieren und ein interessantes Stadtbild zu schaffen. Auch das Beatles-Museum ist im Albert Dock zu finden.

 

 

 

 

 

 

Liverpool hat zwei Kathedralen. Eine davon, die protestantische Liverpool Cathedral, gilt als einer der größten Sakralbauten des 20. Jahrhunderts. Nicht nur die Größe begeistert, sondern auch das bunte Treiben, das in der Kirche herrscht. Hier sind ein Café, ein Souvenirshop und diverse Begegnungsstätten mitintegriert, was als gelebtes Religionszentrum fasziniert. So sollte Glauben praktiziert werden.

 

 

Für die vielen Museen der Stadt, unter anderem einem Ableger der Tate Modern in London hatten wir leider viel zu wenig Zeit. Der Nachteil der vielfach kostenlosen staatlichen Museen ist die kurze Öffnungszeit, da um 17 Uhr die Pforten schließen.

 

 

Die Auswahl beim Essen und Trinken fällt schwer aufgrund des nicht nur großen, sondern auch toll inszenierten Angebots. Internationale Restaurants wirken genauso einladend wie britische Pubs und Kneipen. Die Entscheidung fällt schwer. Aber da wir bei unserem Tagesausflug aus dem nur 40 Minuten entfernten Manchester noch so vieles überhaupt nicht gesehen haben, ist eine Wiederholung eines Liverpoolbesuchs schon Programm!

MANCHESTER

Eigentlich wollte ich ja eher nach Liverpool und nicht nach Manchester. Warum, weiß ich nicht so genau. Jedenfalls nicht wegen der Beatles, beziehungsweise nicht nur. Aber nachdem mir dann Freunde erzählt hatten, dass Manchester sich so klasse in den letzten Jahren entwickelt hat, machte Manchester das Rennen. Die Stadt ist unglaublich!

 

 

 

Mit dem Zug geht es günstig vom Flughafen in 20 Minuten direkt in die Stadt für ca. 4 Pfund pro Person – davon abhängig, wann und womit man fährt. Der Nahverkehr ist in England häufig ein Buch mit sieben Siegeln aufgrund des Tarif- und Transportfirmendschungels, aber nachdem überall hilfsbereites Personal zur Stelle ist, ist diese Hürde leicht zu bewältigen. Wir hatten uns beim Übernachtungsquartier für das Motel One Royal Exchange entschieden – eine perfekte Wahl: Gerade mal zwei Jahre alt, sehr guter Preis und Bestlage. Nicht sehr britisch zugegeben, aber dafür für uns optimal.

 

 

Der erste Tag in Manchester war wettertechnisch eine Herausforderung, aber es gibt in der Stadt unglaublich viel Interessantes und Besuchenswertes – und vieles davon wettergeschützt – dass dem Sightseeing dadurch kein Einhalt geboten wird. Die nächsten Tage hingegen begeisterten uns nicht nur der Flair der Stadt und die Sehenswürdigkeiten, sondern auch das Wetter. Wir konnten es kaum fassen: Sonne! Damit machte Manchester gleich nochmal so viel Spaß.

 

 

 

 

Es gibt so unglaublich viel zu sehen und uns haben fünf Tage nicht ausgereicht, um die Stadt annähernd zu erleben: Kultur, Pubs, Szene, Shoppen, Industriegeschichte, coole und supernette Leute, und und und…

 

 

Die John Rylands Library, die in Form einer Kathedrale erbaute viktorianische Bibliothek, verfügt über die wertvollsten Manuskripte ganz Englands. Was für eine Kulisse! Das war unser erstes kulturelles Erlebnis, dem noch viele folgen sollten. Eine ähnliche Atmosphäre findet man auch in der Chetham´s Library, wo Marx und Engels unzählige Stunden verbracht haben, um die Welt zu verändern. Die Bücher, die sie maßgeblich beeinflusst haben, finden sich heute noch in der ältesten Leihbibliothek der englischsprachigen Welt. Zur vollen Stunde bieten Volunteers von Montag bis Freitag kostenlose, sehr aufschlussreiche Führungen durch das historische Gemäuer an.

 

 

 

 

Castlefield gehört zu den stimmungsvollsten Vierteln der Stadt: Kanäle mit bunten Hausbooten, alte Eisenbahnviadukte und dazwischen gechillte Restaurants und Bars, in denen man in hübsch arrangierten Außenbereichen die Sonne und ein Pint genießen kann. Wenn man mit der Tram noch ein Stück weiter hinaus fährt, erreicht man Manchesters Harbour City. Der alte Hafen, der die Stadt einst zur drittgrößten Hafenstadt Englands machte, wurde in den 1990er Jahren wiederbelebt, indem sich dort Museen, Hotels, Theater, Restaurants und nicht zuletzt 2011 die BBC ansiedelten. Allein die moderne und teils gewagte Architektur ist den kurzweiligen Ausflug an den Stadtrand wert.

 

 

 

 

Die staatlichen Museen in England sind, bis auf Sonderausstellungen, meist kostenlos, was dazu verleitet, mehr davon zu besuchen, weil sich einfach auch ein kurzer Aufenthalt lohnt. Besonders erwähnenswert ist dabei das Museum of Science and Industry, das die bewegte Geschichte der Industrialisierung Manchesters in Bezug auf die für die Stadt so wichtige Textilindustrie darstellt. Aber auch die Bedeutung der Metropole in anderen wissenschaftlichen und technischen Bereichen kommt dabei deutlich zur Geltung.

 

 

Besonders begeisterten uns auch andere kulturelle Einrichtungen, wie zum Beispiel das Royal Exchange Theater, das in die alte Börse hineingebaut wurde oder das Northern Quarter, das Kreativ- und Ausgehviertel der Stadt, wo sich Kneipen, schräge Boutiquen und diverse Musikschuppen aneinander reihen.

 

 

 

 

 

 

Dabei stellen ein traditioneller Pubbesuch mit dem klassischen Pubfood und einem randvoll eingeschenkten Pint mindestens genauso ein absolutes Must-Do dar, wie ein entspannter Shopping-Bummel durch die inspirierenden Geschäfte von Manchester.

 

 

Die Stadt hat sich in den letzten Jahren enorm verändert – von einer wenig attraktiven Industriestadt zu einer interessanten und aufregenden Metropole. Den Anstoß für diesen Wandel hat 1996 ein sehr tragischer Umstand gegeben, als die Innenstadt von Manchester durch eine Bombe der IRA zu einem großen Teil in Trümmern gelegt wurde und innerhalb von 70 Minuten 80.000 Menschen aus dem Stadtzentrum evakuiert werden mussten. Dieses Ereignis wurde als Chance gesehen, sich neu zu erfinden und einen heute noch anhaltenden Aufschwung einzuleiten.