Japan? Du meine Güte, was willst du denn da? Oder: Japan? Wow! Wie klasse! Wie schon häufig erlebt, polarisierte mein Reiseziel. Aber diesmal war es dann doch die überwiegende Mehrheit meiner Freunde, die sich begeistert oder wenigstens fasziniert zeigte, als ich meine Entscheidung, nach Japan zu reisen, kund tat. Wenn einmal der Entschluss gefasst ist, dann verläuft es ja oft sehr ähnlich: Man lauscht den Erzählungen von Freunden, die schon dort waren, liest erste Literatur, um die Reiseroute grob zu planen und bemerkt plötzlich, dass es unglaublich viele Berichterstattungen zum Land des Lächelns gibt. Und je mehr man sich einliest und vertraut macht, umso mehr bemerkt man, wie fremd einem Japan und seine Einwohner doch sind. Es scheint fast, dass sie uns mit ihren Traditionen und Gebräuchen kaum je begreifbar werden. Und je skurriler die Schilderungen aus Nippon, desto größer wurde meine Sehnsucht, das jetzt alles vor Ort selbst zu erleben.
Vor der Reise
17 Tage sind nicht besonders viel, um ein Land kennenzulernen. Diesmal war es aber nicht nur die begrenzte Urlaubszeit, sondern auch das Budget, das keinen längeren Aufenthalt zuließ. Japan würde teuer werden – das war klar! Für ein erstmaliges Beschnuppern des Landes sollte die Zeit aber auch reichen.
Das Packen war ziemlich einfach: Möglichst wenig, luftig und bequem. Da Stauraum weder in den Zimmern noch in den Zügen, mit denen wir reisen wollten, im Überfluss vorhanden ist, würden wir zwischendurch waschen. Das ist in den meisten Hotels gut möglich, wie wir im Vorfeld erfuhren.
Bei der Buchung des Flugs war die Wahl auf British Airways gefallen. Der Preis war mit knapp 600 Euro angemessen und die Flugzeiten waren es auch. Allerdings gestaltete sich der Hinflug für mich leicht dramatisch. Aus welchen Gründen auch immer, konnte ich am Vortag nicht online einchecken, also hieß es um vier am Morgen raus aus den Federn und zum Flughafen. Dann standen wir zwei Stunden in München auf dem Rollfeld, weil die Maschine wegen Schlechtwetter in London nicht starten durfte. Als ich schon fast nicht mehr glaubte, meinen Anschlussflug in Heathrow zu schaffen, fügte sich dann doch noch alles zum Guten und ich traf fünf Minuten vor Boarding am Gate ein. Ulrike, die aus Hamburg ohne Probleme nach London geflogen war, hatte sich schon fast darauf eingestellt, den ersten Orientierungstag in Tokyo ohne mich zu absolvieren. Und obwohl wir keine Sitzplätze nebeneinander mehr bekommen hatten, hatte ich das unglaubliche Glück, dass meine beiden Sitznachbarn wohl auch dem Schlechtwetter zum Opfer gefallen waren und die Plätze neben mir leer blieben. Die einzigen im ganzen Flieger. Ulrike siedelte um, wir hatten zu zweit drei Sitze, konnten quatschen und uns so die elf Stunden nach Tokyo gut vertreiben. Außerdem hatten wir die charmanteste Crew, die man sich vorstellen kann. Im Gespräch erzählten die betagten Ladies und Gentlemen von Birtish Airways, dass man sie scherzhaft die „Jurassic-Park Crew“ nennen würde, weil sie schon so betagt sind.
Am Flughafen Haneda angekommen, wollten wir uns nach der Immigration erst einmal langsam orientieren, zumal wir eh erst um 14 Uhr in unserem Hotel Gracery Shinjuku einchecken konnten: Geld ziehen, Voucher vom JR-Pass umtauschen, SIM-Karte kaufen, U-Bahn-Ticket erstehen etc.. Eigentlich gut gedacht. Wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass der Umschlag, in dem ich den JR-Voucher vermutete, leer war. Sofort schoss es mir durch den Kopf, dass der noch im Scanner zu Hause liegen musste. Vorsichtshalber hatte ich ihn eingescannt, was mir aber nichts half, denn die Dame bestand darauf, dass sie das Original benötigt. Mist! Den JR-Pass kann man nur im Ausland kaufen und Einzeltickets kosten ein Vermögen in Japan! Kurzerhand blieb mir mal das Herz kurz stehen, aber dann hatte Ulrike die rettende Idee: Ich hatte ja eine Freundin bei mir in der Wohnung für die Zeit meiner Abwesenheit aufgenommen. Obwohl es 3 Uhr am Morgen in Deutschland war, erreichte ich sie, die den Voucher auch im Scanner entdeckte. Sie leitete am Morgen alles in die Wege und nun reiste das begehrte Papier mittels DHL nach Tokyo ins Hotel, wo es drei Tage später eintraf.. 87 Euro Porto ist ein Schnäppchen und zahlt man gerne, wenn sich dafür die kurzzeitig eingesetzte Schnappatmung wieder reguliert.
Die SIM-Karte, die wir am Flughafen erstanden, war hauptsächlich dafür gedacht, dass wir uns in der Stadt über Google-Map leichter orientieren konnten. Sie war einfach zu aktivieren und leistete uns allerbeste Hilfe, da es in Tokyo kaum Straßennamen gibt. Für etwa 50 Euro erstanden wir drei Gigabyte, die uns für 17 Tage genügen sollten. Letztendlich hätte auch ein GB locker gereicht. In den Hotels und vielerorts gibt es free WIFI, daher ist das Datenvolumen zu diesem Zweck völlig ausreichend. Zur Nutzung der Metro gibt es dankenswerter Weise auch einen einfache Lösung. Da Tokyo über mehrere städtische und private Linien verfügt, müsste man sich nämlich immer wieder neue Tickets an verschiedenen Automaten besorgen. Dank Pasmo entfällt dieses zeitraubende vorgehen. Man lädt die Scheckkarte bei Kauf mit etwa 25 Euro auf und kann das Guthaben sukzessive abfahren. Bei unseren geplanten 6 Tagen Tokyo am Anfang und am Ende der Reise ist das allemal eine wunderbare Lösung. Außerdem kann die Karte auch in Kyoto und anderen Städten verwendet werden. Man legt die Karte beim Betreten der Station auf den Sensor der Eingangssperre und zieht sie beim Verlassen auch wieder drüber. Wenn man nun innerhalb eines Bahnhofs zwischen den Linienbetreibern hin- und herwechselt, verrechnen die Betreiber untereinander. Guthaben, das sich am Ende noch auf der Karte befindet, sowie die Kaution für die Karte, erhält man am Flughafen problemlos bei der Abreise rückerstattet.
Tokyo – 13 Millionen Menschen (17.-21.9.)
Die Fahrt zum Shinjuku-Bahnhof, in dessen Nähe unser Hotel lag, dauerte vom Flughafen Haneda etwa eine Stunde. Erfreut stellten wir fest, dass es gar nicht so schwer war, sich zu orientieren. Das System grundsätzlich zu verstehen, ist relativ simpel und alles Wichtige ist auf Englisch gekennzeichnet. Am Shinjuku-Bahnhof steigen am Tag 3,5 Millionen Menschen ein und aus. Er hat unzählige Ausgänge und man sollte sich schon vor der Ankunft im Klaren sein, in welche Himmelsrichtung man ihn verlassen möchte. In unserem Fall war es der Osten. Da wir Entfernungen noch nicht so einschätzen konnten, nahmen wir uns ein Taxi zu unserem Hotel, um ein paar Minuten später festzustellen, dass die Distanz selbst für Tokyo-Neulinge mit Gepäck leicht zu Fuß zu bewältigen gewesen wäre. Das Hotel hatten wir goldrichtig über Booking gewählt. Das Gracery Shinjuku wurde erst 2015 fertiggestellt und liegt inmitten des Ausgeh- und Rotlichtviertels mit unzähligen Kneipen, Bars und Restaurants. Die Zimmer waren erstaunlich groß für japanische Verhältnisse. Begeistert waren wir selbstverständlich von unserer Toilette: Mit einem integrierten Bidet, einer Dusche und einer Sitzheizung verfügte sie zwar für einheimische Verhältnisse nur über mäßigen Komfort, aber uns hatte diese Sparvariante schon begeistert. Aber fast noch schöner fanden wir die Hemdchen, die für uns bereit gelegt wurden. Manch einer hätte sie vielleicht für Anstaltskleidung gehalten, aber wir liebten diese Art Nachthemd von Anfang an. Schlafkleidung entweder als eine Art Nachthemd, Pyjama oder Yukata wird in jedem Hotel für die Gäste bereit gehalten. Den Schlafanzug kann man also getrost zu Hause lassen.
Da wir unser Zimmer erst gegen 14 Uhr beziehen konnten – und da sind die Japaner streng – erkundeten wir erst einmal die Umgebung des Hotels und setzten diese Tour nach einem Nickerchen im Hotel am Abend fort. Am Abend wurde die Szene rund ums Hotel noch ein wenig schriller. Man hat viel gelesen, man hat viel gehört und die Phantasie wird durch die vielen Bilder, Leuchtreklamen und die Schriftzeichen, die man nicht lesen kann, noch beflügelt. Es gibt einfach alles und es gibt auch vieles, was wir nicht kennen, weil wir uns gar nicht vorstellen können, dass es sowas gibt. Restaurants, Bars, Karaokee-Bars, Cafés oder auch Clubs befinden sich häufig auch in oberen Etagen eines Gebäudes. Anhand der Außenwerbung lässt sich mit unserem ungeübten Auge nicht immer die Seriosität des Etablissements einschätzen, aber schräg ist es allemal. Nach einem ersten Abendessen und dem Kampf dicke glitschigen Udon-Nudeln mit Stäbchen zu essen, endete der Abend auf der Terrasse des Hotels, wo uns bei einem Absacker Godzilla in Übergröße Gesellschaft leistete. Da das Hotel über einem Kino gebaut ist und Godzilla bekanntlich sein Unwesen in Japan trieb, wurde er auf der Hotelterrasse überdimensional verewigt. Zu jeder Stunde spuckt er Rauch und brüllt furchterregend von der Terrasse auf die belebte Fußgängerzone hinab.
Nach überraschenden zehn Stunden Schlaf ging es nun an die weitere Erkundung von Shinjuku. Das Rathaus von Tokyo, das nur etwa 15 Gehminuten vom Hotel entfernt ist, war die erste Anlaufstation. Von der 45. Panoramaetage, die man kostenlos erreicht, hat man einen tollen Blick auf Tokyo und dessen Skyline. Gut der Himmel war sehr bewölkt und hin und wieder nieselte es, aber bei feucht-warmen 27 Grad ist das überhaupt kein Problem.
Vom Rathaus wanderten wir zum Park Hyatt Hotel, vielen durch den Film „Lost in Translation“ bekannt, und gönnten uns dort im 41. Stock – ebenfalls bei atemberaubender Aussicht – einen Kaffee. Ein Schnäppchen waren die beiden Tassen Kaffee für über 30 Euro sicherlich nicht, aber dafür bleiben Atmosphäre und Ausblick dauerhaft in Erinnerung.
Unser nächster Anlaufpunkt sollte der Meiji-Schrein, das höchste Heiligtum der Shinto-Anhänger sein. Der Schrein liegt in einem großen Park, eine der vielen grünen Lungen der Stadt. Wir hatten Glück – es war Sonntag. Am Sonntag heiraten hier viele Paare nach traditionellen Riten und so gelangen uns erste Fotos von Kimono-tragenden Frauen. Fotografieren darf man fast alles und jeden – die Japaner haben damit ja bekanntlich wenig Probleme.
Nun sollte zum Abschluss des Tages noch ein bisschen Bummeln auf dem Programm stehen. In der Omotesando, Tokyo’s Fifth Avenue findet man alle Designer der Welt in repräsentativen Räumen und die Straßen quellen über von kauflustigen Menschen. Ein wenig abseits von den Hauptstraßen werden die Geschäfte dann skurriler und für uns interessanter. Das bummelnde Publikum, das dort auch viel jünger scheint, auch. Es gibt alles, man trägt alles und die jungen Menschen wirken so viel individueller als bei uns die Jugend. Die Eindrücke waren fesselnd, auch wenn uns irgendwann die Menschenmassen dann doch fast zu viel wurden. Und am Abend, der sehr früh eintritt, bekommt die Stadt mit ihren bunten, blinkenden und glitzernden Lichtern und Leuchtreklamen nochmal ein ganz anderes Aussehen – das ist einfach der Hammer!
Am Abend besuchten wir in das Tempura Restaurant Tunahachi, das hochgelobt war. Obwohl sich dort aufgrund der Empfehlung im Lonely Planet einige Touristen tummelten, war das Ambiente, das Essen und auch der Service doch sehr traditionell und es schmeckte vorzüglich. Die viel gelobte leichte Küche Japans verliert ein wenig an Glaubwürdigkeit, wenn man ein Tempura-Menü verspeist hat, aber ein Fläschchen Sake bringt dann doch abschließend wieder alles ins Lot.
Am nächsten Tag wollten wir ganz früh raus und auf den legendären Fischmarkt Tsukij. Die eigentliche Hauptattraktion dort ist die morgendliche Fischauktion, bei der äußerst wertvolle Thunfische versteigert werden. Aber nachdem dort immer mehr Touristen den Händlern im Weg standen und den eigentlichen Geschäftsvorgang störten, wurde die Anzahl der zugelassenen Touristen am Morgen auf 120 begrenzt und die Anmeldung zu dem Spektakel muss vor fünf Uhr früh im Marktbüro erfolgen. Den Stress wollten wir uns nicht antun, zumal es auch später um neun noch ausreichend zu sehen gibt. Aber leider hatten wir übersehen, dass Feiertag war! Wir hatten zwar davon im Vorfeld gelesen, aber es wohl nicht ernst genommen: Der Feiertag der Älteren Menschen! Der Markt war also zu und wir vertagten diese Hauptattraktion von Tokyo auf den nächsten Morgen. Aber da wir schon mal in der Ecke waren, besuchten wir mit einer großen Menge den Feiertag genießenden Japanern den Sensoji-Tempel, das ältestes Tempelareal von Tokyo.
Rund 30 Millionen Besucher tun es uns während des Jahres gleich. Das Eingangstor war beeindruckend und wir posierten wie alle anderen auch für einen Selfie. Danach wedelten wir, ebenfalls wie alle anderen, Weihrauch an die Körperstellen, die es gerade am nötigsten hatten und zogen ein Omyage. Erst muss man ein Stäbchen aus einer Blechdose schütteln und dann das Schriftzeichen darauf mit denen auf den Schubladen in der Wand abgleichen. Das ist natürlich eine Herausforderung, weil es davon einige gibt. Ein junger Japaner war behilflich und verkürzte die Suche. Danach nimmt man aus der Schublade einen Zettel, auf dem einem die Zukunft vorausgesagt wird. Das Ganze ist ziemlich vage formuliert, allerdings kann man das Blatt, wenn einem das darauf Geweissagte nicht zusagt, zusammenfalten und an einen dafür vorgesehenen Ständer festbinden. Der Tempel mit seinen verschiedenen Gebäuden, wie z.B. der Pagode, in der angeblich die Asche Buddhas aufbewahrt wird, sind durchaus sehenswert.
Nächster Programmpunkt: Der Ueno-Park, das grüne Zentrum der Stadt mit seinen ausgedehnten Grünanlagen, die vor allem im Frühjahr bei der Kirschblüte ein Traum sein müssen. Man kann sich förmlich vorstellen, wie hier jeder Quadratzentimeter besetzt ist und alle Japaner sich an den Kirschblüten erfreuen. Auf dem See, der von Lotusblättern umgeben ist, bildeten die hübschen Tretboote einen tollen Kontrast zu den Wolkenkratzern im Hintergrund. Direkt vor der Bootsanlegestelle boten einige Händler Streetfood an, das wir probierten: Frischer Fisch, Gemüse, Hühnchen, Süßes – alles roch so lecker und schmeckte noch besser, als es duftete.
Langsam regnete es sich ein. Schade, denn es wurde auch kälter. Also machten wir uns auf in den Weg nach Akihabara. In dem trendigen Stadtteil von Tokyo wollen wir doch endlich mal die Anime- und Mangaszene genauer unter die Lupe nehmen. Immerhin waren wir schon zwei Tage in Tokyo und hatten nur ganz vereinzelt in unseren Augen „kostümierte“ Kids gesehen. Unsere Wahl fiel auf das Café@Home, wo als Maid verkleidete Mädels ihre „Herrschaften“ bedienten. In dem vierstöckigen Café war die Hölle los und wie in allen begehrten Lokalen hatte sich schon eine kleine Schlange vor dem Eingang gebildet. Wir reihten uns ein… Und es dauerte und dauerte. Immerhin hatte man uns schon mal eine Speisekarte in die Hand gedrückt, damit wir uns mit den Gepflogenheiten vertraut machen konnten: Keine Fotos, kein Anfassen und keine persönlichen Fragen an die Mädels. Das erste ignorierten wir, wie alle anderen Gäste auch. Das zweite war uns kein Bedürfnis und das dritte vernachlässigte unsere Maid selbst, die uns gleich mal ihr Herz ausschüttete und erzählte, wie anstrengend der Job doch ist. Uns strengte eher die lange Wartezeit an – aber die nächste Stunde war jeden Yen wert, denn die kreischenden Girlies, die uns Tee und Eis servieren, machten ihren Job gut. Devot knieten sie sich vor unseren Tisch, studierten mit uns die Rituale und Gepflogenheiten ein und lobten uns mit begeistertem Klatschen und schrillem Kichern, wenn wir alles richtig gemacht hatten. Ulrike war fest davon überzeugt, dass für so eine Kneipe bei uns ein Markt wäre. Ich blieb sehr skeptisch.
Inzwischen hatte es sich richtig eingeregnet. Regen in Tokyo macht keinen so großen Spaß, da die eh schon unübersehbaren Menschenmassen nun auch noch alle mit Schirmen unterwegs sind. Einzig Ulrike hatte ihre Freude daran, weil die nassen Straßen die schrillen Leuchtreklamen und Riesenscreens wunderbar reflektierten und so ganz besondere Fotomotive boten.
In Tokyos Metrowelt waren wir nach zwei Tagen praktisch schon wie zu Hause. Wenn man sich das mal verinnerlicht hat, dann ist es total einfach, vor allem mit unserem Pasmo, der einen einfach passieren lässt, solange noch ein Guthaben drauf ist und man ihn nicht mit der Hotelzimmerkarte verwechselt, wie es mir hin und wieder passierte. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind fast billiger als unser Nahverkehr zu Hause und wenn man sich dann noch den Service ansieht, kann man die Preispolitik kaum fassen. Am Bahnsteig stehen dienstbare Geister in schrecklichen Uniformen mit noch schrecklicheren Mützen, für deren Abschaffung sich bei uns jede Gewerkschaft sofort stark machen würde und regeln den Ein- und Ausstieg mit wichtigen Gesichtern. Sensationell sind auch die Bahnhofstoiletten, die bisher das Highlight unter den schon kennengelernten Toiletten darstellten: Neben den verschiedenen Sprüh- und Duschvarianten, verfügen sie über einen Föhn und individuell regelbarer Musiklautstärke, um während des Toilettenaufenthalts niemanden mit seinen Geräuschen zu stören. Je nachdem, kann man auch noch eine Dosis Duft hinten aufsprühen. Man möchte sich am liebsten sofort ein Modell für zu Hause bestellen.
Am nächsten Tag gabs schon Regen beim Aufstehen. Na, das könnte ja noch werden, allerdings prophezeite die Wetterapp das Gegenteil. Inzwischen hatten wir auch die Information, dass es im Süden Japans einen heftigen Taifun gegeben hatte, der sich auf die Wetterlage in Tokyo auswirkte. Nun also noch einmal ein neuer Anlauf für den Fischmarkt. Der Fischmarkt war in der Tat ein tolles Erlebnis. Unglaublich auf welcher Fläche hier Fisch angeboten wird. Die Auktionsbereiche sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, aber schon allein die normalen Verkaufsbereiche haben ein unfassbares Ausmaß. Die Atmosphäre ist einzigartig. Und da wir erst gegen nach zehn eintrafen und der Markt bereits um 11 Uhr schließt, waren viele der Fischhändler schon im Begriff ihren Stand zu schließen. Eine unbeschreibliche Betriebsamkeit mit Elektrofahrzeugen, Handkarren und eiligen Verkäufern untermalte die umtriebige Szenerie von Fischhändlern, Gefäßen mit Fischen, kassierenden Damen in einem kleinen Kabuff, die sich um die Finanzen kümmerten und Abfall. Die Sushi in den kleinen Lokalen direkt im Hafengelände wurden hochgelobt, aber als wir die Schlangen von Menschen vor den winzigen Restaurants sahen – wir sind ja nicht so geduldig wie die Japaner – haben wir Sushi von der Frühstückskarte gestrichen und uns stattdessen von den Händlern Diverses auf die Hand geholt – einfach nur köstlich, auch wenn wir uns nicht immer sicher waren, was wir aßen.
Inzwischen hatte der Regen zugenommen und wir liefen zu Fuß in das nahe Stadtviertel Ginza. Es ist das edle Einkaufszentrum Tokyos mit vielen Geschäften und exklusiven Kaufhäusern. Was sollte man bei dem Regen auch machen? Eine blendende Entschuldigung fürs Shoppen. Nachdem der Japaner ja sehr ordentlich ist, wird einem beim Betreten eines jeden Shops auch sofort eine Hülle für den tropfenden Regenschirm gereicht. Besitzt man einen Stockschirm, wie es fast alle tun, kann das man ihn selbst eintüten – bei einem Knirps wird einem das Beutelchen gereicht. Noch exklusiver ist ein Schirmständer mit Schloss, den man auch hin und wieder entdeckt. Jedenfalls wurden wir fündig bei Uni Qlo und waren glücklich, dass wir, die die Maße einer typischen Japanerin doch ein wenig überschreiten, uns tatsächlich mit einem schicken Hosenrock, den in Japan gerade alle tragen und einem Oberteil einkleiden konnten. Gleich daneben war der Dover Street Market, wo viele japanische und internationale Designer ausgesprochen witzige und verrückte Mode anboten. Vor allem die Taschen, die aussahen, wie ein Hund mit Henkel, hatten es mir angetan.
Danach bummelten wir durch weitere namhafte Kaufhäuser, wie z.B. Mitsukoshi, bestaunten die verrückten Designideen und die edlen Designer der Welt, kehrten in netten Cafés und Restaurants ein, um schließlich noch kurz beim Sony Center vorbeizusehen, das einen Innovations-Showroom in Ginza unterhält. Inzwischen hatte sich der Regen in eine Sintflut gesteigert – man hatte das Gefühl, dass nur noch Ausländer auf den Straßen waren und sich alle Japaner in den trockenen Untergrund der U-Bahnhöfe zurückgezogen hatten. Allerdings schienen die nun auch langsam überflutet, da unermüdlich mit Sandsäcken und Wischern Wasser gedämmt und entfernt wurde. Nach einem letzten Stop im Tokyo Plaza Einkaufscenter machten wir uns auf den Rückweg. Da wir eh in Shibuya umsteigen mussten, wollten wir noch einen Blick auf die Kreuzung werfen, von der immer Fotos gezeigt werden, wenn es um die Überbevölkerung Tokyos geht. Heute konnte davon keine Rede sein. Zwar waren Menschenmassen mit Schirmen unterwegs, aber der Passantenstrom schien doch deutlich reduziert im Vergleich zu trockeneren Tagen.
Nikko – „Wer Nikko nicht gesehen hat, kennt Japan nicht“ (21.09.)
Den Ausflug an den Fuji hatten wir aufgrund des schlechten Wetters gecancelt. Daher stand heute unser einziger Ausflug in die Umgebung von Tokyo nach Nikko auf dem Programm und damit unserer erste Erfahrung in Bezug auf die Nutzung eines Shinkansen-Zuges. Zunächst galt es aber erst meinen rechtzeitig im Hotel eingetroffenen Voucher gegen den Railpass einzutauschen und dann die Zugverbindungen nach Nikko zu eruieren. Von Shinjuku nahmen wir zunächst den Expresszug zur Tokyo Station, der fast 15 Minuten schneller als die U-Bahn war. Dort versorgten wir uns mit Kaffee und einem leckeren Imbiss. Verpflegung für die Züge ist in Japan ganz wichtig und wird unwahrscheinlich schön fürs Auge angerichtet: In Bentoboxen kann man sich ganze Menüs in den reichhaltig bestückten Foodmalls besorgen und ist so bestens ausgerüstet für einen Ausflug. Die Japaner nutzen diese Möglichkeit sehr stark und versorgen sich so mit Verpflegung für den Tag oder mit Abendessen vor der Rückfahrt in die Peripherien.
Wir mussten den Zug einmal wechseln: Erst Shinkansen, dann ein kleiner Bummelzug. Nach etwa zwei Stunden hatten wir unser Ziel in den Bergen erreicht. Etwa fünf Minuten nach unser Ankunft in Nikko begann es wieder zu regnen. Ein japanisches Sprichwort sagt „Wer Nikko nicht gesehen hat, kennt Japan nicht“. Das Städtchen liegt etwa auf 600 m Höhe und wurde 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Neben anderen Schreinen ist der Toshogu-Schrein die Hauptsehenswürdigkeit und wurde als Mausoleum für den ersten Shugun errichtet.
Die Anlage, die im 17 Jahrhundert fertiggestellt wurde, gilt als die größte und sehenswerteste in Japan. Das Gelände ist weitläufig und umfasst 55 Schreine und Tempel. Beeindruckend sind vor allem die Schnitzereien, deren farbliche Gestaltung und die vielen Verzierungen und Dekorationen, die durchgängig eine interessante Symbolik beinhalten. Natürlich war es schade, dass es mal wieder in Strömen goss. Belebt wurde dieses Heilige Areal zusätzlich noch dadurch, dass sich unzählige Schulklassen auf dem Gelände tummelten, die von Führern mit strengem Regiment über die Geschichte des Schreins informiert und dann alle von einem Fotografen mit Komikerambitionen zum Klassenfoto aufgestellt wurden – alles im Dauerlauf. Versteht sich. Training für eine zukünftige Europareise in acht Tagen.
Tja, nachdem das Wetter keine deutliche Besserung zeigte, entschlossen wir uns, uns mehr um die kulinarischen Besonderheiten von Nikko zu kümmern. War aber gar nicht so leicht, denn die Restaurants waren fast alle geschlossen. Und als wir beinahe schon die Hoffnung aufgegeben hatten, entdeckten wir ein winziges Lokal, das signalisierte, dass es ein Yoba-Menü anbot. Yoba ist eine Spezialität von Nikko. Es ist die Haut von Soja-Milch, die sich beim Kochen bildet, dann abgeschöpft und anschließend getrocknet wird. In früheren Zeiten, als noch viele Mönche nach Nikko pilgerten, war das eine beliebte Wegzehrung, da haltbar und vegetarisch, wie es deren Bedarf war. Sowohl Ulrike, wie ich auch, sind keine großen Tofu-Fans, aber wenn es so eine Besonderheit ist, dann mussten wir es selbstverständlich unbedingt probieren. Allein optisch war das Gericht mit seinen verschiedenen Schüsselchen und Tellerchen ein Augenschmaus. Hilfreicherweise wurde uns ein laminiertes Foto von dem Tablett gereicht, auf dem mit Zahlen gekennzeichnet war, was wir da zu uns nahmen. Die Produktpalette reichte von Suppe mit Yobastreifen, über mit Essig angereicherten Bohnenhaut bis hin zu Kaffeegelée mit Yoba-Topping. Sehr gesund und durchaus auch köstlich – das meiste wenigstens.
Zurück in Tokyo – und da war es dann schon Abend – wollte ich noch einen Abstecher in eine Pachinko machen, eine typisch japanische Spielhalle. Die Japaner lieben diese Freizeitbeschäftigung, allerdings ist Geldglücksspiel offiziell verboten und so erhält man meist Sachgewinne, die uns Angstschweiß auf die Stirn treiben würden, sollte wir je gewinnen. Ramschiger und kitschiger geht es eigentlich nicht mehr. Eine Pachinko befand sich in unmittelbarer Nähe zu unserem Hotel und war uns am ersten Abend schon aufgefallen. Man kann sich den Geräuschpegel darin kaum vorstellen – Automaten über Automaten, die grell leuchten und ohrenbetäubende Geräusche von sich geben. Wie man als Mitarbeiter dort mehr als eine Stunde am Stück arbeiten kann, ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, ist mir ein absolutes Rätsel.
Als wir gerade wieder gehen wollten, entdeckten wird die Barbie-Fotobox. Also, das wollten wir doch unbedingt ausprobieren. Erstes Hindernis war die englische Beschreibung zu finden. Aber das lösten wir souverän. Danach posten wir wie es für Barbie-Girlies gehört unter Anleitung einer netten Japanerin auf dem Display in der Box und waren von den Ergebnissen ganz begeistert. Gut, wir waren noch nicht richtig in Übung, aber dafür sah es schon ganz gut aus. Allerdings wartete schon die nächste Hürde auf uns: Ausdrucken! Wo um Himmels Willen kam denn das Foto raus? Wir umkreisten die Box mehrfach und schließlich wurde Ulrike unter einem Vorhang fündig. Letztes Hindernis: Wie bekommt man die Fotos aufs Handy? Auch das gelang uns schließlich… Toll gemacht! Selten so stolz gewesen, eine so qualifizierte Anforderung gemeistert zu haben!
Da wir rund um unser Hotel bestens mit Restaurants versorgt waren, wählten wir für den Abend eins aus, ganz wie die Einheimischen, bei dem die meisten Leute vor der Tür auf einem Stühlchen in der Schlange saßen. Hier musste es gut sein. Wir bestellten ein Special-Menü für zwei Personen – wie immer ließen wir uns überraschen, was uns da serviert wurde. Zunächst fragte die reizende Servicekraft, ob wir denn auch gerne eine kleine Vorspeise hätten, was wir bejahten und die aus drei Cocktailtomaten, einem halben Teelöffel Olivenöl und einer Prise Trüffelsalz bestand. Hoffentlich wurde das noch besser. Es wurde! Auf dem in den Tisch eingelassenen Backblech wurde uns Soba, die legendären japanischen Nudeln, mit Soße, Gemüse und Fisch gekippt, danach gab es Fleisch, das wir je nach Geschmack noch selbst braten konnten und Okonomiyaki, eine Mischung zwischen Pfannkuchen und Pizza, das ebenfalls auf der Platte warm gehalten wird. Ein tolles Essen – und wieder einmal hatten wir mit Getränken gerade mal etwas mehr als 50 Euro zu zweit bezahlt. So teuer, wie befürchtet, war Japan meistens doch nicht.
Takayama – ein rustikales Städtchen in den Bergen (22.9.-23.09.)
Nach der letzten Nacht in Tokyo verließen wir wieder einmal bei strömendem Regen Tokyo in Richtung Takayama, in den japanischen Alpen. Inzwischen wussten wir ja schon, was uns beim Zugfahren erwartete und freuten uns richtiggehend darauf. Das Zugfahren in Japan ist einfach ein Erlebnis. Die Orientierung ist, wenn man mal den Bogen raus hat, einfach, aufgrund einer ausgezeichneten Beschilderung, auch auf englisch. Man kann für die Zugstrecke noch ganz kurzfristig eine Platzreservierung machen und da steht dann auch die Zugnummer, die Wagennummer und die Platznummer drauf. Dann heißt es nur noch sich nach seiner Zugnummer auf den Displays orientieren und am Bahnsteig den richtigen Standplatz für seinen Wagen einnehmen. Anschließend stellt man sich gesittet in der Reihe an und wartet dass der Zug pünktlich, und das ist wirklich auf die Sekunde genau, einfährt.
Völlig entspannt lässt man sich nieder und packt seine im Vorfeld eingekaufte Verpflegung aus. Die Beinfreiheit ist gewaltig. Hin und wieder fährt eine nette Dame mit einem gut sortierten Verpflegungswagen vorbei, wo man noch alles Weitere für die Reise erstehen kann. Wenn der Schaffner es tatsächlich schafft, die Reservierung zu kontrollieren, dann macht er dies mit einer höflichen Verbeugung, die er ebenfalls vornimmt, wenn er den Wagon verlässt. An der Tür dreht er sich noch einmal um und macht in die Allgemeinheit eine weitere Verbeugung. Wenn man Glück hat, empfängt einen beim Aussteigen ein kleines Komitée, das einen begrüßt und einem den Müll abnimmt.
Ach, wie ist es wunderbar, wenn beim Bahnfahren alles geregelt ist. Selbst für das Gepäck gibt es eine gute Lösung in großzügigen Gepäckfächern oder hinter der letzten Sitzreihe.
Heute standen uns knapp vier Stunden Zugfahrt bevor mit einmal Umsteigen in Nagano, das vielen noch von der Winterolympiade 1998 bekannt sein dürfte. Als wir in Takayama ankamen regnete es mal wieder. Total schade, denn die Strecke ab Nagano gilt als eine besonders sehenswerte Strecke in die japanischen Alpen. Wir konnten aufgrund der wolkenverhangenen Szenerie nur ahnen, wie schön es hier bei strahlendem Sonnenschein sein musste.
Unser Hotel Hodakaso Yamano lag nur ein paar Meter vom Bahnhof und der Altstadt entfernt. Eigentlich war es ein Ryokan, wie die traditionellen Herbergen in Japan genannt werden, allerdings wurden dort keine Mahlzeiten inkludiert angeboten, wie es in typischen Ryokans üblich ist.
Da es in Japan sehr früh dunkel wird, wollten wir uns erst die Altstadt mit ihren Holzhäusern ansehen, die zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurden. Malerisch sind diese kleinen Gassen, in denen heute hauptsächlich Shops angesiedelt sind. Wir konnten ganz häufig nicht feststellen, was dort genau verkauft wurde, da es hauptsächlich japanische Touristen sind, die mit dem Angebot angesprochen werden. Für uns ist jeder Moment spannend – allein die Verpackungen sind eine Augenweide. Der Japaner liebt es, Dinge zu verpacken: Menschen in Kimono, Sushi in Algenblätter, Geschenke in hochwertiges Papier. Wir könnten pausenlos einkaufen – nur der Verpackung willen. In vielen der alten Holzhäuser wird auch Sake angeboten, der hier in den Wintermonaten gebraut wird. Uns hatte sich der Unterschied der vereinzelten Sakesorten noch nicht ganz erschlossen, aber wir sind diesbezüglich durchaus noch lernfähig.
Da die Japaner häufig bereits ab 17.30 Uhr zu Abend essen, schließen wir uns ihnen an. Diesmal stand Hida-Rind auf dem Speiseplan. Es ist zwar nicht ganz nicht hochwertig, wie Kobe-Rind, aber kommt ihm geschmacklich und optisch sehr nahe. Da Takayama die Heimat dieses Rinds ist, wird es in allen Restaurant in vielen Variationen angeboten. Wie konnte es anders sein – es schmeckte auch heute Abend wieder großartig.
Allerdings hatten wir es heute eilig. Wir wollten unbedingt noch in den hoteleigenen Onsen. Unsere Gastgeberin im Ryokan erinnerte ein wenig an die „Mutter“ im weltbekannten Bestseller „Die Geisha“. Schon bei unserer Ankunft hatte sie mit Strenge die Regeln kommuniziert: Schuhe ins Regal am Eingang, Regenschirm in die Tüte und aufs Zimmer! Wir wollten nun partout nichts falsch machen, um sie nicht zu verärgern. Zumal wir schon in unserem Zimmer immer mit den Toilettenschuhen durcheinander kamen und permanent damit wieder aus Versehen im Zimmer herum marschierten. Wichtigste Regel: Die Straßenschuhe bleiben am Eingang des Hotels, dann schlüpft man in die zurecht gestellten Pantoffel, läuft mit denen zum Zimmer und betritt die dort ausgelegten Reismatten, die Tatami, nur mit Strümpfen. Geht man zur Toilette, die in unserem Fall im Zimmer war, benutzt man die davor bereitgestellten Toilettenpantoffel, die man allerdings NIEMALS im Zimmer tragen darf.
Wir hofften, dass uns „Mutter“ nicht überwachte und später zur Rechenschaft zog. Die Kimonos, die für uns im Hotel bereit lagen, hatten wir schon am Nachmittag inspiziert und anprobiert. Wir fühlten uns schon fast wie Geishas – wenigstens jedoch wie Maikos, die Lerngeishas. So, nun will man ja bei seinem ersten Onsen-Besuch nichts falsch machen. Kurze Internetrecherche und dann wagte Ulrike einen Blick ins Bad, um die Gegebenheiten vor Ort klar zu machen. Mutig marschierten wir im Kimono wenig später an der Rezeption vorbei, wo uns die Herrscherin über das Reich mit einem Lächeln bedachte und weiterziehen ließ. Offensichtlich hatten wir bisher alles richtig gemacht. Im Onsen angekommen, wird streng nach Männlein und Weiblein getrennt. Dort entledigt man sich im Vorraum seines Kimonos und anderer Habseligkeiten, die man in dem bereitgestellten Körbchen verstaut. Anschließend betritt man die Waschräume. Dort schnappt man sich einen etwa 20 cm hohen Schemel, setzt sich drauf, und fängt an, sich zu waschen. Das Ganze muss äußerst gründlich vor sich gehen, denn auf Sauberkeit wird im Onsen noch mehr Wert gelegt, als sonst im japanischen Leben. Zum Waschen verwendet man das vielseitig verwendbare Tenugui, ein schmales Baumwolltuch. Da man es auf gar keinen Fall ins Wasser des Onsen fallen lassen darf, legt man es zusammengefaltet auf den Kopf. Dann setzt man sich in das heiße Becken und wartet entspannt bis man schwitzt. Schweiß im Gesicht kann man mit dem Tenugui abwischen, aber ebenso verwendet man es wieder, wenn man aus dem Becken steigt und sich abtrocknet. Erst vor dem Onsen, in der „Umkleide“ steigt man dann wieder in seinen Kimono und macht sich relaxed und gut gereinigt in Richtung Unterkunft auf den Weg. Puhh – wir hatten doch tatsächlich beim ersten Mal alles richtig hinbekommen! Gut, wir hatten vergessen, über die Kimonos noch die Schrank bereitgelegten Jacken zu ziehen und das Handtuch hatten wir uns auch nicht aufgesetzt, weil es so albern aussah, aber wir waren für unseren ersten Onsenbesuch auch in der privilegierten Situation, dass wir allein im Becken waren. Die Japaner haben immer ein bisschen Befindlichkeiten, wenn Ausländer mit ihnen im Onsen sitzen, weil sie sie nicht für so sauber halten und befürchten, dass sie sich nicht ausreichend gereinigt haben.
Die Nacht auf der tiefergelegten Matratze, einer Mischung zwischen Futon und westlichem Bett, war nicht gerade der Renner, was aber eher an der durchgelegenes Matratze als an der Konstruktion an sich lag. Aber da ich gelesen hatte, dass wir als westliche Touristen uns immer nur mit einem leichten Kopfnicken bedanken müssen und nicht wie die Japaner unzählige verschiedene Bücklingsformen, auch Kotau genannt, je nach Gegenüber ableisten müssen, war der steife Rücken am Morgen kein größeres Problem. Eine Verbeugung, wie sie unsere Zimmerfrau uns gegenüber beim Check-Out gemacht hat, hätten wir sicherlich beide am dem Morgen nicht hinbekommen.
Das Gepäck deponierten wir noch im Hotel, unser Zug nach Kanazawa ging erst nach Mittag, sodass wir noch ausreichend Zeit für einen weiteren Besuch in dem hübschen Kleinstädtchen hatten, zumal es ausnahmsweise mal nicht regnete. Zunächst stand ein Besuch des Morgenmarkts auf dem Programm, wo wir diverse Eigentümlichkeiten der japanischen Kulinarik vermuteten und auch tatsächlich fanden. Jedenfalls gab es endlich die leckeren kleinen Pfannkuchen mit süßem roten Bohnenmus, das ich spätestens seit dem Film „Kirschblüten und rote Bohnen“ unbedingt probieren musste. Danach schlenderten wir noch einmal durch die Gassen mit den wunderschönen Holzhäusern und besichtigten eines davon, das einem reichen Sakebrauer gehörte, ausführlich. Erstaunlich, wie weitläufig und geräumig doch so ein Haus sein kann, wenn außer Tatamimatten keine Möbelstücke drin sind.
Danach besichtigten noch ein ausgesprochen interessantes Museum mit einer Art Festwagen. In Takayama findet das zweitwichtigste Festival Japans zwei Mal im Jahr statt. Da es das Zentrum der Nutzholzindustrie ist und sich in den Jahren viele Holzschnitzer angesiedelt hatten, fanden seit Jahrhunderten Umzüge mit Festwagen statt. Mit den Jahren wurden die Wagen immer prächtiger und wertvoller geschmückt. Selbst Puppen, die an Fäden befestigt sind und wie Marionetten bewegt werden, zieren die Wagen, die mehrere Meter hoch sind und normalerweise in eigens dafür gebauten Häusern untergestellt sind. Die vier prächtigsten befinden sich im Museum. Wie man auf einem Video sehen konnte, sind diese Umzüge eine Mischung zwischen einer Fronleichnamsprozession, dem Mainzer Karnevalsumzug und der Augsburger Puppenkiste. Bei so einer Veranstaltung dabei zu sein, ist sicherlich ein ganz besonderes Erlebnis. Besonders gut gemeint war, dass uns die freundliche Dame an der Kasse fragte, wo wir denn zuhause wären. Nach der Frage ob wir Englisch verstehen würden, drückte sie uns eine Art Kassettenrekorder in die Hand, der uns die Erläuterungen auf englisch während unseres Rundgangs geben sollte. Wir waren völlig fasziniert: Im Land der höchsten technischen Entwicklung trafen wir auf ein Gerät, das uns einige Konzentration abnötigte, um es zu bedienen. In der Welt der Museen halten seit 20 Jahren die Headsets der japanischen Elektrokonzerne Einzug und in Japan selbst setzt man doch offensichtlich auf traditionelle Geräte. Das schönste daran war allerdings, dass die nette Sprecherin ein so schwer verständliches Englisch sprach, dass wir uns mit dem Flyer zufrieden gaben und das Teil ungenutzt wieder an die sich heftig verneigenden Kassendame abgaben.
Kanazawa – uninteressant? Mitnichten (23.9.-24.9.)
Gegen 13 Uhr nahmen wir den Zug nach Kanazawa – zwei Stunden Fahrt mit einem kurzen Umstieg. Der Zug hatte Verspätung. Die wartenden Japaner am Bahnsteig wurden ganz nervös und auch dem Schaffner war es fürchterlich peinlich, uns sagen zu müssen, dass wir tatsächlich erst 7 Minuten später als geplant ankommen würden. Deutschen, die so häufig wie wir Bahn fahren, kann das natürlich nur ein müdes Lächeln abringen. Knappes Umsteigen in den Shinkansen und nach weiteren 20 Minuten Fahrt sind wir in Kanazawa. Was eigentlich eher als Notlösung auf dem Weg von den Alpen nach Kyoto gedacht war, entpuppte sich als ein interessanter Zwischenstopp. Unser Hotel Resol Trinity hatten wir diesmal wieder im westlichen Stil gewählt, aber erneut zentral und damit alles fußläufig erreichbar. Als erstes wollten wir das alte Geisha-Viertel der Stadt besichtigen, in dem sich heute noch alte traditionelle Holzhäuser finden, die inzwischen vorwiegend Souvenirshops beheimaten. Kein Wunder! Denn die Japaner kaufen nicht nur auf ihren Europareisen allen möglichen Tand, sondern sind auch bei ihren Inlandsreisen permanent am Shoppen. Das resultiert daraus, dass man in Japan ständig Geschenke machen muss: Bei Besuch, bei Jubiläen, bei Rückkehr aus dem Urlaub, bei zufälligen Begegnungen, bei Antritt eines neuen Jobs etc. Da macht es Sinn, sich einen gewissen Vorrat anzuschaffen.
Wir hingegen investierten ja unser Reisebudget viel lieber in Essen und Trinken und hatten auf dem Weg in die Altstadt eine Oriental Brewery entdeckt, die wir nun aufsuchten. Ein witziger Laden, mit dem sich zwei junge Japaner erst vor drei Wochen selbständig gemacht hatten. Sie boten japanisches Craft-Bier an, außerdem ein paar ausländische Biersorten. Weiter waren im Angebot Pizzen und, was uns am allermeisten begeisterte, Assorted Sausages. Da unsere Nachbarn an der Theke dieses Gericht bestellten, schauten wir der Zubereitung begeistert zu. Drei Würstchen – darunter auch eine Weißwurst – wurden erhitzt. Keine Ahnung, welche Konsistenz die Weißwurst hatte, denn sie platzte nicht auf, obwohl sie ziemlich lange vor sich hin kochte. Zu den Würsten wurde dann ein wenig rohes Sauerkraut gegeben und fertig war die leckere deutsche Spezialität. Unsere Nachbarn waren begeistert. Uns begeisterte eher das Bier.
Nachdem wir nun nach dem Aperitif dringend eine Grundlage brauchten, war es Zeit, sich nach einem Restaurant umzusehen. Die Speisekarten waren nun nicht mehr ganz so häufig mit englischem Untertitel, aber manchmal reichten auch einfach nur die Zahlen der Preise aus, um unsgegen ein Restaurant zu entscheiden. Hier in der Nähe der Altstadt am Fluss schien nicht die günstigste Ecke der Stadt zu sein. Wir entdeckten schließlich ein Restaurant, das eigentlich gar nicht als solches von außen zu erkennen war, in dem aber einige Gäste bereits speisten. Wir erfuhren, dass die Spezialität des Hauses ein Schweinefleisch-Eintopf war, der am Tisch gebraten wurde. Da uns die Bilder dazu nicht so sehr zusagten, entschieden wir uns für ein paar Gerichte, die auf den Fotos hübscher aussahen. Wir hatten keine Ahnung was es war – genaues konnten wir auch nicht erfahren, da keiner der Mitarbeiter englisch sprach. Nachdem wir aber beide bekanntermaßen extrem experimentierfreudig sind, konnte nichts passieren. Die Gerichte, die uns serviert wurden, waren alle mit Schweinefleisch zubereitet worden und waren extrem schmackhaft. Allerdings waren zwei davon aus reiner Schwarte. Wir haben wohl beide noch nie so fett gegessen, aber es schmeckte ausgezeichnet. Unser Cholesterin-Spiegel war auch in Urlaub.
Kaum ein Reiseführer erwähnt Kanzawa. Aber es hat wirklich was zu bieten. Erst schlenderten wir am Morgen zu dem beeindruckenden Schloss inmitten einer Parkanlage. Vermutlich war es für uns noch mehr beeindruckend, weil zum ersten Mal auf unserer Reise strahlender Sonnenschein war.
In einer Wiese vor dem Schloss hatten sich eine Vielzahl an kleinen Gruppen gebildet, die auf dem Grün verschiedene Installationen aufbauten. Erst viel später fanden wir eine junge Frau, die so viel Englisch sprach, um uns zu erklären, dass es sich hier um eine Ikebana-Schule handelte, die eine Projektarbeit durchführte.
Wir bummelten weiter durch den Stadtpark, der sich dem Schlosspark anschloss und hatten nun zum ersten Mal einen Eindruck von japanischen Gärten.
Da sich langsam Hunger meldete ging es nun weiter zum Markt der Stadt, der wohl einer der bekanntesten des Landes ist und ein tolles Fischangebot bereithielt. Da viele der Fischhändler kleine Snacks verkauften und auch Sitzgelegenheiten aufgebaut waren, probierten wir uns langsam durch das Angebot und hatten somit ein gelungenes spätes Frühstück mit herrlichen Nigiri, Oktopusspießen und Fischbouletten.
Kyoto – das kulturelle Herz Japans (24.-28.09.)
Nach Mittag nahmen wir den Shinkansen und fuhren weiter nach Kyoto. Gerade mal zwei Stunden und 20 Minuten brauchte der Schnellzug für diese Etappe. Die Fahrt führte auf dem zweiten Teil der Strecke am Biwa-See vorbei, dem größten See Japans, der etwa ein Fünftel größer ist als der Bodensee. Kyoto hat zwei U-Bahn-Linien und eine führt direkt an unserem Hotel vorbei, sodass wir wenige Minuten nach der Ankunft auch schon im Hotel Ms Grand Kyoto waren. Die Wahl war mal wieder gut getroffen: Sehr zentral und mitten drin. Super ist auch, dass die Pasmo-Karte, die wir für die öffentlichen Verkehrsmittel in Tokyo verwendet hatten, auch für die U-Bahn in Kyoto gilt.
Gion, der älteste Teil von Kyoto war in Laufdistanz, sodass wir uns noch am späten Nachmittag dorthin aufmachten. Hier im alten Geisha-Viertel der Stadt war jetzt Hochbetrieb. Leider sind nicht mehr viele wirkliche Geishas dort unterwegs. Die meisten, die man dort antrifft, sind japanische oder koreanische Touristinnen, die sich zur Geisha verkleiden lassen und mit ihren Kimonos, den umgebundenen Obis und den Holzpantoletten durch die Straßen stöckeln. Gion ist sehr touristisch geworden, dennoch lassen die Holzhäuser dort eine Vorstellung zu, wie es hier noch in den 1920er Jahren ausgesehen haben muss, als die Geishas in den Teehäusern ihre Künste vorgeführt haben und die japanischen Männer sich von ihnen unterhalten ließen. Noch heute gibt es Geishas in Gion, die in exklusiven Teehäusern japanische Industrielle und Politiker unterhalten. Touristen haben dazu aber keinen Zutritt.
Am Abend hatten wir eine neue Herausforderung für uns auserkoren: Ein sogenanntes Automatenrestaurant. Man wählt an einem Display sein Essen und Trinken aus, legt einen Geldschein ein und erhält dann jeweils einen Bon. Mit diesem Bon setzt man sich an den Tisch und wartet, bis eine Bedienung einem diesen wieder abnimmt. Der zweite Teil war einfach. Der erste eher nicht. Wie findet man auf einem Bildschirm, der ausschließlich japanisch beschrieben ist, die Taste für die englische Übersetzung? Außerdem forderte der Automat Geld. Wir hatten nur noch 10.000 Yen und wer wirft schon freiwillig 100 Euro in den Rachen eines Geräts, von dem er nicht einmal weiß, ob es wechseln kann. Na ja, mutig wie wir waren, legten wir den Schein ein und trafen unsere Wahl. Wir hatten für 2.000 Yen eingekauft und wo jetzt drücken, damit das Restgeld wieder raus kommt? Die schlimmste Befürchtung, dass wir jetzt Gutscheine für 80 Euro für das Restaurant ausbezahlt bekamen, bewahrheitete sich nicht. Irgendwann hatten wir doch den richtigen japanischen Button gedrückt und wir bekamen brav das Wechselgeld ausgespuckt. Jedes Mal, wenn wir wieder eine solche Barriere überwunden hatten, freuten wir uns wie die Schneeköniginnen.
In Kyoto gibt es so viel zu sehen, dass die Auswahl richtig schwer fällt, was man in drei Tagen alles besichtigen kann. Zumal ja auch die Geschäfte mit ihrem vielfältigen Angebot, mit ihrer Fremdheit und mit den attraktiven Verpackungen so sehr locken. Wir entschieden uns, mit der Bahn in den Nordosten von Kyoto zu fahren und dort den Bambuswald und die dort ansäßige Tempellandschaft zu besichtigen. Der Vorstadtzug war voll und auf den ersten Metern bis zum Bambuswald fühlte man sich, wie wenn man in eine Prozession geraten wäre.
Der Touristenstrom verebbte aber erstaunlich schnell, da wohl nicht alle asiatischen Touristen gemerkt hatten, dass der Bambuswald aus zwei Teilen besteht und der schönere Teil erst ein wenig später begann. Schon hier waren nur noch wenige unterwegs, um die riesigen gerade gewachsenen Bambusstämme ganz aus der Nähe betrachten zu können. Danach machten wir eine Runde durch verschiedene Tempelanlagen, die alle unterschiedlichen Reiz hatten: Zunächst besuchten wir Nison-In, der einen schönen Friedhof aufwies und einen herrlichen Blick auf Kyoto bot.
Danach stand, der Gio-ja Tempel auf dem Plan, der eine wunderbare Moosbewachsung hatte, die vor allem bei dem Sonnenlicht, das wir an dem Tag hatten besonders schön wirkte.
Einen Abstecher machten wir noch zu einem Schrein, der einem Haiku-Dichter geweiht war. Würde man alle Schreine und Tempel in diesem Areal besichtigen wollen, wäre man tagelang unterwegs. Bei unserem Spaziergang waren wir nun fast allein und konnten bestens verstehen, welch spirituelle Kraft von diesen Orten ausgeht. Auch beim Okochi Sanso Garten, den wir am Ende noch besuchten und der von einem Stummfilmschauspieler in den 30er Jahren angelegt worden war, konnte man seine Hinwendung zum Zen-Buddhismus durchaus gut nachvollziehen. Das war ein ganz besonderer Tag, den wir dort verbrachten.
Zurück in die Stadt wollten wir nun mal ausprobieren, ob es auch eine andere Lösung als den Vorstadtzug gab und entschieden uns für den Bus. Gut 28 Haltestellen bis zum Hauptbahnhof hören sich schrecklich lange an, aber nach 45 Minuten hatten wir Kyoto Station erreicht. Und Busfahren ist wirklich einfach in Kyoto – jede Fahrt kostet 230 Yen und die schmeißt man beim Aussteigen dem Fahrer durch sein Zählgerät. Außerdem sieht man natürlich viel mehr von der Stadt. Die Haltestellen werden angesagt und Google-Map kann einem sogar den Fahrpreis anzeigen. Jede Buslinie und jede U-Bahnverbindung wird einem von dem Ortungsdienst ausgewiesen. Die japanische SIM-Karte für unser Telefon hatte sich daher schon mehr als bezahlt gemacht.
Am Abend wollten wir dann endlich mal richtig Sushi-Essen. Neben unserem Hotel gab es ein Lokal, bei dem sich hinterher herausstellte, dass es auch bei Lonley Planet als der Sushi-Laden schlechthin in Kyoto gehandelt wurde. Running Sushi auf zwei Etagen – total frisch und super lecker und mehr als preiswert.
Danach noch ein Abstecher in eine Bar, die uns von Freunden empfohlen worden war und ebenfalls unweit von unserem Hotel lag, die Caamm-Bar im ersten Stock eines Gebäudes. Wir waren fast die einzigen Gäste. Das Angebot an Spirituosen, mehrheitliche Whisky aus aller Welt war beeindruckend. Alle Wandflächen waren mit Flaschen dekoriert. Die Atmosphäre war schon speziell, uns aber zu wenig local, da fast nur nicht-japanische Getränke auf der Barkarte standen und beide Barkeeper leider überhaupt kein Englisch sprachen, um ein wenig Konversation mit uns zu machen. Dies ist überhaupt ein Phänomen, das uns überraschte. Nur wenige Japaner können sich auf Englisch unterhalten. Zwar gibt es kaum Verständigungsschwierigkeiten, aber Unterhaltungen sind kaum möglich. Sogar in den internationalen Hotels sprechen nicht alle Mitarbeiter an der Rezeption ein paar Worte Englisch.
Auch am nächsten Tag wollten wir nochmal Tempel besichtigen. Die Vielfalt macht diese Unternehmung zu einem spannenden Vorhaben. Es fällt schwer, die richtige Auswahl zu treffen, da nicht unbedingt die bekanntesten Tempel auch die schönsten sind. Aber einige, der in allen Reiseführern erwähnten, sollten es dennoch sein. Zunächst fuhren wir mit dem JR-Zug bis zum Fushimi-Inari-Schrein in Süd-Kyoto, der vor allem durch seine 10.000 große orangefarbene Tore bekannt ist und zu den meistbesuchten Tempel in Japan gehört.
In der Tat waren Besuchermassen unterwegs und durch den unteren Teil der Torreihen wurde man förmlich geschoben. Aber wie wir schon gelernt hatten, schwillt der Besucherstrom immer sofort ab, wenn man sich ein wenig höher oder abseits bewegt. So war es auch in diesem Fall. Der Tempel ist ein tolles Fotomotiv, aber es gibt schönere.
Daher beschlossen wir auch bald, uns dem nahen Tofukuji-Tempel zuzuwenden, der mit einer Fläche von 200.000 m2 als der größte Zen-Tempel gilt. Wir konnten nur erahnen, wie wunderbar im Herbst die Ahornbäume sich verfärbten, da die Herbstverfärbung gerade erst in den allerersten Anfängen war, im späteren Herbst aber Menschenmassen anziehen musste. Japanischer Ahorn soweit das Auge blicken konnte. Mit einer separaten Eintrittskarte konnte man dann den meditativen Bereich des Tempels betreten, der nach strikten Linien des Zen gestaltet war: Ganz schlicht mit Steinen, gerechtem Sandboden und Moosbewachsung konnte man in diesem Ambiente wunderbar zur Ruhe kommen.
Auf dem Weg zum Bahnhof machten wir noch einen Halt im Restaurant Cocohana, einem koreanischen Organic-Restaurant, das gute, aber nicht überwältigende Küche bot.
Da wir eh über den Bahnhof von Kyoto mussten, um unseren Zugreservierung für Okayama zu tätigen, beschlossen wir am Nachmittag noch einen der wichtigsten Tempel der Stadt zu besichtigen: Den goldenen Pavillon, den Kinkaku-Tempel.
Wir nahmen den 205er Bus, der etwa 40 Minuten durch die Stadt gondelte und uns fast direkt am Tempel ablieferte. Immer brav den Menschenströmen folgen. Aber es lohnte sich definitiv. Der Pavillon ist Verzauberung pur, wie er mit seiner vergoldeten Außenfassade bei richtigem Licht sich in dem kleinen See davor spiegelt – einfach fantastisch, auch wenn man definitiv nicht alleine an diesem Schmuckstück ist und das Einhalten des One-Way-Trails durch freundliche uniformierte Japaner strengstens überwacht wird.
Wir hatten unglaubliches Glück mit der Sonne und dem Licht. Auf der Rückfahrt versagte zwar unsere App mit der öffentlichen Verbindung, aber irgendwann landeten wir dann wieder am Bahnhof und wenig später in unserem Hotel. Hier war erst mal Waschen angesagt, da wir ja mit kleinem Gepäck reisten und zwischendurch die Annehmlichkeiten des Hotels mit einer Waschmaschine und einem Trockner nutzen mussten. Aber da eine der größten Shopping-Malls von Kyoto direkt neben unserem Hotel startete, konnte man sich die Wartezeit mit Bummeln überbrücken und endlich mal die ersten Mitbringsel organisieren. Das fällt in Japan leicht, weil es allerlei Witziges, Schräges und originell und schön Verpacktes gibt.
Den Abend beschlossen wir in einer Chirasi-Sushi-Bar, wo sich vor allem junge Leute trafen. Chirasi-Sushi ist eine Schale Reis mit diversen rohen Fischsorten, nach Sashimi-Art. Zum abendlichen Absacker ging es dann ins nahe Pontocho: Bars, Pubs und Restaurants reihen sich aneinander. Auch hier liegen wieder viele in den oberen Etagen. Eine nette Ausgehgegend. Wir entschieden uns für die Jive-Bar im ersten Stock, wo wir japanisches Bier und Whisky offeriert bekamen und ein nettes Ambiente vorfanden.
Der nächste Tag: Nach einem köstlichen Frühstück neben unserem Hotel ging es heute auf zum letzten Besichtigungstag in Kyoto. Mit dem Bus machten wir uns auf den Weg zum sogenannten Philosophenweg. Der Einstieg zu dem Weg, der so genannt wird, weil dort die Philosophen und Professoren der nahen Uni gerne lustwandelten, lag in der Nähe des „Silbernen Pavillon“. Im Gegensatz zu dem am Vortag besuchten „Goldenen Pavillon“ war der Schrein nicht versilbert, sondern hatte seinen Namen erhalten, aufgrund des Zen-Gartens, der durch das Mondlicht reflektiert wird und dem Tempel ein silbernes Antlitz verleiht. Die Anlage ist wunderschön angelegt und einmal mehr spürt man die Ruhe und Kraft, die in Zen-Gärten beheimatet ist. Wenn man im Garten auf einen Hügel spaziert, hat man einen wunderbaren Ausblick auf Garten, Tempel und die Stadt.
Der Philosphenweg ist ein 1800 m langer Weg, der idyllisch an einem kleinen Kanal entlang führt und von Shops, Tempeln und interessanter Häuserarchitektur gesäumt wird. Nach einem Abstecher im Honen-In–Tempel und unzähligen Stopps in den kleine Shops am Wegesrand nahmen wir schließlich erneut den Bus, um noch einen kleinen „Kopfsteinpflaster-Spaziergang“ rund um Gion zu unternehmen. Dieser Spaziergang sollte am Kiyomizu-dera Tempel starten und jetzt gewannen wir doch endlich einen Eindruck, was in Japan Massentourismus bedeutet.
Unzählige Insassen von Reisebusse und Gruppen drängten sich den Hügel hinauf. Gut, der Tempel ist sehenswert, weil er so orangefarben oben auf dem Hügel erstrahlt, aber sich mit dieser Menge weiterschieben zu lassen, das musste man sich nicht wirklich antun. Nichts wie weg und jetzt noch richtig shoppen.
Am Vortag hatten wir uns schon mit einem kurzen Kimono als Sommermorgenmantel ausstaffiert. Wasabi-Salz, Kimonosocken und Untersetzer für Gläser gehörten auch schon zu unserer Ausbeute. Es gab herrliches Holz- und Keramikgeschirr. Aber je schöner, umso dünner und brüchiger und natürlich auch teurer. Keineswegs reisetauglich.
Im Takashiyama-Kaufhaus begaben wir uns erst in die Food-Abteilung im Untergeschoss. Alle japanischen Kaufhäuser verfügen über ein solches Geschoss und es ist natürlich für uns Fasziniation pur, zumal man überall alles probieren darf. Damit machten wir den japanischen Verkäuferinnen die größte Freude. Wir sparten auch nicht mit Lob, auch wenn nicht immer alles den europäischen Geschmack trifft.
Es gibt in der japanischen Küche recht viel Glibber – manchmal nannten wir es auch elastische Füllung. Gerade in den Süßwarenabteilungen, wo sich die Anbieter gegenseitig mit Dekoration, optischer Präsentation und Verpackung übertreffen, stellt man schnell fest, dass sie fast überall noch ein bisschen undefinierbaren Glibber reinschmuggeln. Ulrike steht auf Grünen Tee – ich auf Rote Bohnen. Beides wird gerne in Süßwaren verwendet und ist ausgesprochen schmackhaft! Danach war noch der Besuch der Haushaltswarenabteilung angesagt. Das ist auch immer ein Erlebnis! Auf dem Rückweg von Takashiyama stellten wir erstaunt fest, dass wir den knapp einen Kilometer langen Weg völlig überdacht durch eine Shopping-Mall wandeln konnten – und die Mall war noch viel länger als unser Heimweg.
Für den Abend hatten wir den Besuch im Guilo Guilo geplant und die Hotelrezeptionistin gebeten, eine Reservierung für uns dort zu machen. Sorry, fully booked. Schade! Also machten wir uns ohne Reservierung auf den Weg und landeten in einer Izakaya in Pontocho. Izakayas sind eigentlich eine Art Kneipe mit Essen – ein wenig wie die Pubs in England. Man geht dorthin um Bier oder Sake zu trinken und bestellt sich nach und nach Essen. Eigentlich die gemütlichste und volkstümlichste Art in Japan Essen zu gehen.
Hier stößt man auf Kollegen, die sich am Abend noch zum Essen und Trinken verabreden oder auf Chefs mit ihren Mitarbeitern. Beides ist ja in Japan weit verbreitet, weil es traditionell so ist, dass man auch nach Feierabend noch gemeinsam etwas unternimmt. Mit zunehmender Veränderung von Sitten und Gebräuchen sind diese Izakayas aber auch Anlaufstation für junge Leute zum Ausgehen oder von Paaren, die einen netten Abend verbringen wollen. Das Essen war köstlich – wir hatten viele kleine Gerichte bestellt, die nun nach und nach an der Theke eintrudelten. Da die Izakaya über ein ungewöhnlich vielfältiges Angebot an verschiedenen Sakes verfügte, der in Flaschen an der Theke stand oder an der Wand hing, testeten wir auch hier noch verschiedene Varianten und bemerkten dabei, dass die hochwertigen Sorten doch eher on the Rocks getrunken wurden. Aber da wir am nächsten Morgen sehr früh raus mussten, uferte das Tasting nicht allzu sehr aus.
Okayama – Ausgangspunkt für Naoshima (28.09.-29.09.)
Um sechs klingelte der Wecker und los gings es in Richtung Okayama, das für uns lediglich Ausgangspunkt für die Fahrt auf die Insel Naoshima sein sollte. Erst also mit dem Shinkansen bis nach Okayama, dann in den Vorstadtzug mit Umsteigen bis nach Uno. Von dort dann mit der Fähre nach Naoshima.
Dort in den Inselbus und letztendlich noch in den Museumsshuttle. Wofür das alles? Um die sehenswerteste Museumsinsel Japans zu besichtigen. Anfang der 90er Jahre hatte der japanische Benesse-Konzern die Idee, auf der Insel einen Kunstpark zu errichten. Wir konzentrierten uns auf die drei Museen im Süden der Insel. Der erste Stopp erfolgte beim Chichu Art Museum, das wie die anderen beiden Gebäude auch, vom Architekten Tadao Ando gebaut wurde und allein wegen der Architektur schon besuchenswert ist. Drei weitere Künstler, James Turell mit Lichtinstallationen, Walter De Maria mit seinen Skulpturen und Claude Monet mit einzigartig inszenierten Seerosenbilder stellten darin aus. Nach diesem fulminanten Beginn unseres Museumsspaziergangs wanderten wir wenige Minuten weiter zum Lee Ufan Museum. Lee Ufan ist Koreaner, der jung nach Japan kam und international tätig ist. Er zeichnet sich vor allem durch seine Reduziertheit aus und kann diese in seinem Museum eindrucksvoll darstellen. Letzter Abstecher an dem Tag war das Benesse House Museum, das eine Vielzahl von Kunstwerken im Museum und in den umliegenden Grünflächen ausstellt.
Das Zusammenspiel von Natur und Kunst, sowie Architektur ist das zentrale Thema der auf Naoshima ausgestellten Kunst. Der lange Weg hat sich eindeutig gelohnt!
Auf dem fast gleichen Weg, allerdings diesmal ohne Umsteigen, ging es dann am Abend zurück zu unserem Hotel Central in Okayama. Das Gepäck hatten wir zwischenzeitlich am Bahnhof in einem Gepäckfach deponiert, um am Vormittag Zeit zu sparen. So checkten wir erst am Abend im Hotel ein und hatten eigentlich keine große Lust mehr, weit vor die Tür zu gehen, um ein nettes Lokal zum Abendessen zu finden. Also hielten wir gleich mal in der ruhigen Seitenstraße am Hotel die Augen offen und entdeckten umgehend ein unscheinbares Haus, in dem aber offensichtlich Abendessen angeboten wurde. Ein Versuch war es wert. Unser inzwischen geübtes Auge erkannte sofort, dass wir wieder in einer Izakaya gelandet waren. Und was jetzt kam, toppte alle Abendessen zuvor: Die Köche hantierten direkt hinter der Theke, ein großes Fischbassin befand sich ebenfalls dahinter. Auf der Theke standen diverse Gerichte – mehr oder weniger definierbar. Die nette Bedienung holte dann auch umgehend eine englische Speisekarte für uns und wir wählten ein paar Gerichte aus. Allerdings fanden wir auch das recht spannend, was unsere Thekennachbarn aßen und so bestellten wir aus deren Repertoire auch noch das eine oder andere. Es stellte sich heraus, dass das alles nur auf einer japanischen Tageskarte zu finden war, die handschriftlich an der Theke ausgelegt und selbstverständlich nicht auf englisch vorhanden war.
Alles was uns serviert wurde war köstlich. Die Krönung war allerdings die Sashimi-Platte, die ein regelrechtes Kunstwerk war und das Gericht, das wir bei unserem Nachbarn abgeguckt hatten. Es lässt sich nicht beschreiben – es war einfach göttlich: Butterweicher ganz leicht angebratener Fisch mit Haut – toll gewürzt. Es war einfach nur schade, dass wir irgendwann dann doch satt wurden.
Eigentlich hatten wir nicht vor, irgendwas in Okayama zu besichtigen. Aber auf Nioshima hatten wir ein Schweizer Paar kennengelernt, das schon zum zweiten Mal Japan für vier Wochen bereiste und sie hatten so von dem Garten der Stadt geschwärmt. Unsere Reiseführer hatten insgesamt wenig Worte darüber verloren. Aber da wir wieder früh wach waren und die Reservierung unseres Shinkansens Richtung Süden erst für elf Uhr gemacht hatten, verblieb noch ausreichend Zeit und wir bummelten in Richtigung Korakuen Garten. Nach einem kurzen Zwischenstopp in einer sehr hübsch eingerichteten Bar, in der uns der Cappuccino erstmalig mit Sahne in einer kleinen Tasse und noch dafür für einen Preis von 690 Yen (ca. 6,50) kredenzt wurde, was selbst für Japan Wucher ist, stießen wir erst auf Okayama-Jo, eine imposante, weithin sichtbare Burg aus dem 16. Jahrhundert.
Die dunkle Außenfarbe und die markante Bauweise bildete ein hübsches Bildmotiv, auch vom Garten aus, der besonders liebevoll mit vielen Steinen, Koi-Teichen und sogar einem Reisfeld und einer Teeplantage angelegt war. Nun waren wir überglücklich, dass wir diesen Sightseeingpunkt noch mit eingebaut hatten.
Danach schnappten wir uns ein Taxi, das uns erst zum Hotel und dann mit Gepäck zum Bahnhof bringen sollte. Eigentlich gut gedacht. Aber zum ersten Mal hatten wir wirklich ein Problem, uns zu verständigen. Der Taxifahrer brachte uns zwar zum Hotel – dank der Hoteladresse bei Booking in Landessprache war das nie ein Problem – aber als wir versuchten ihm klar zu machen, dass wir nur unser Gepäck an der Rezeption abholen wollten, weigerte er sich freundlich, uns die Türen zu öffnen. Da dies in Japan nur der Taxifahrer veranlassen kann und eine Art Kindersperre das Öffnen der Tür von innen verhindert, verharrten wir schließlich eine Weile, bis wir ihm dann doch schon mal den ersten Betrag ausbezahlten. Offensichtlich ist es in Japan nicht üblich kurze Stopps mit dem Taxi einzuplanen, da wir dann wieder mit einer Grundgebühr von Neuem begannen. Vielleicht war er aber auch nur ein wenig unerfahren und als Aushilfe unterwegs. In Japan fahren nämlich fast ausschließlich ältere Herren Taxi – in unserem Fall schien die Bedienung der Taxiuhr, der hinteren Türen und des Kofferraumdeckels unseren Chauffeur eindeutig zu überfordern.
Am Bahnhof angekommen, deckten wir uns gemäß einer inzwischen lieb gewonnenen Gewohnheit mit Proviant für die Reise ein. Das Einkaufen – und danach das Essen – von diesen leckeren und so hübsch vorbereiteten Bento-Boxen machte einfach puren Spaß. Man kann von so vielem probieren und entdeckt immer wieder neue Delikatessen.
Miyajima – die Schreininsel (29.9.-30.09.)
Da wir mit unserem JR-Pass nicht mit allen Zügen fahren durften, mussten wir in Kauf nehmen, dass wir statt einer Stunde von Okayama nach Hiroshima doch eineinhalb unterwegs waren. Noch immer waren wir von der Pünktlichkeit der Züge völlig fasziniert. Der Anschlusszug nach Miyajima-Guchi startete unmittelbar nach unserer Ankunft in Hiroshima und genauso zügig ging es mit der Fähre weiter auf die Insel Miyajima, die als heilige Insel der Japaner gilt. Der Name sagt wohl kaum einem Europäer etwas. Aber die meisten kennen den leuchtend orangen Schrein, der im Wasser steht – auf fast jedem Japan-Reiseführer ziert er das Titelblatt.
Wir kamen bei strömendem Regen an, was auf der Insel keine Seltenheit ist. Allerdings spielt das bei etwa 25 Grad kaum eine Rolle. Also nahmen wir uns ein Taxi bis zu unserer Unterkunft, dem Ryokan Mizuhasou, deponierten dort unser Gepäck und machten uns an die Erkundung der Insel. Da der Regen zunahm, flüchteten wir zunächst ins Café Lente, wo man vor einem Panoramafenster einen ausgezeichneten Blick auf den Schrein genoss. Als sich das Wetter besserte, besichtigten wir die gesamte Anlage des Itsukushima-Schreins und konnten – da Ebbe war – sogar bis direkt zum Torii heranlaufen.
Man beobachtete Schulklassen, die von strengen Lehrern über die Bedeutung des Schreins aufgeklärt wurden, Touristen, die das perfekte Fotomotiv suchten und stille Genießer, die einfach nur den Moment an diesem Heiligtum festhalten wollten. In den Gassen rund um den Schrein herrschte Jahrmarktstimmung. Da sich früh übt, was ein Meister werden will, kauften die Schüler begeistert Nippes und Süßigkeiten als Mitbringsel für die Zuhausgebliebenen.
Zwischen all den Läden mit kitschigen Souvenirs, die von hölzernen Kochbestecken über knallbunte Schlüsselanhänger bis hin zu Plastik-Sushis reichten, fanden sich auch durchaus sehr ansprechende Shops, die auch uns zum Einkaufen animierten. Aber letztendlich suchten wir ein Lokal, das für seine Austern bekannt war, und im Lonely Planet wärmstens empfohlen wurde. Die frischen Austern waren ein Gedicht! Aber in Anbetracht dessen, dass uns am Abend ein 8-gängiges Abendessen im Ryokan erwartete, beließen wir es bei vier Stück pro Person und begaben uns zu unserer Unterkunft.
Wir hatten uns total auf den entspannten Restnachmittag im Gemeinschaftsbad des Ryokans gefreut und waren daher gar nicht so böse, dass das Wetter – wie wohl so häufig auf der Insel – sich regnerisch zeigte. Das Prozedere im Gemeinschaftsbad bzw. Onsen kannten wir ja schon. In diesem Fall hatten wir zwei riesige Wasserzuber für uns, in die bereits Wasser gefüllt war und in denen, ähnlich einem Whirpool bei uns – in diesem Fall aber ohne Whirl – man einfach, nach einer ausgesprochen gründlichen Reinigung außerhalb der Wannen, Platz nahm und vor sich hin dampfte. Zugegeben, es bedarf einiger Überwindung, das Badewasser eines Fremden zu übernehmen, aber wenn man dran denkt, was sich bei uns in einem Whirlpool alles tummelt, sinken die Bedenken sofort auf Null.
Gut gereinigt und bedampft hüllten wir uns nun in unseren Yukata, einen leichten Kimono, den man vielseitig als Bademantel, Schlafanzug, aber auch als Sommerkleidungsstück benutzen kann und genossen unsere schöne Unterkunft für die heutige Nacht. Das Mizuhasou ist eigentlich ein Ryokan im modernen Style. Die Zimmer sind japanisch ausgestattet, verfügen aber doch auch über westlichen Komfort.
Der Höhepunkt des Abends sollte das 8-gängige japanische Menü werden, das im Internet von unseren Vorgästen in den höchsten Tönen gelobt wurde. Und es übertraf noch all unsere Erwartungen. Was uns hier kredenzt wurde, war nicht nur geschmacklich ein absoluter Volltreffer, sondern auch optisch. Auf formschönem japanischem Geschirr wurde ein Highlight nach dem anderen serviert: winzige Köstlichkeiten, eines schöner und leckerer als das andere. Wieder einmal ein Höhepunkt der Kulinarik auf unserer Reise.
Unsere reizende Gastgeberin hatte uns noch einmal beflissen darauf aufmerksam gemacht, dass am Abend der Schrein beleuchtet ist. Wir hatten natürlich darüber gelesen und wollten uns diesen Eindruck nicht entgehen lassen. Inzwischen war die Flut gekommen und der beleuchtete Schrein schien im Wasser zu schweben. Eine tolle Inszenierung.
Das nächste Verzückung bereitete uns das Frühstück, ganz im japanischen Style. Ein Teil war schon eingedeckt, als wir am Morgen im Restaurant eintrafen: Wie in einem liegenden Setzkasten waren zunächst sechs Gerichte auf kleinen Tellerchen imposant vorbereitet. Dazu gab es noch jede Menge weiterer Speisen, die neben dem Setzkasten vor sich hin köchelten oder im Laufe des Frühstücks eingesetzt wurden. Geschmacksoffenbarungen jeglicher Art erwarteten uns. Vieles kannten wir bereits und einiges war ein neues, aber durchgängig begeisterndes Erlebnis für unsere Geschmacksnerven. Natürlich war es wieder viel zu viel, aber irgendetwas unverkostet zu lassen, wäre einfach nicht zu verantworten gewesen.
Hiroshima – Mahnmal für Frieden (30.09.-01.10.)
Nach einem weiteren kurzen Besuch des Schrein – diesmal in der Variante mit Tageslicht und Wasser – machten wir uns auf den Weg per Taxi, Fähre und Zug nach Hiroshima, wo wir gegen Mittag eintrafen.
Übliches Prozedere: Gepäck zum Hotel Tokyu Rei und dann los auf Stadterkundung. In Bezug auf Check-In-Zeiten gibt es in Japan keine Verhandlungsbasis. Die Zimmer werden nicht früher freigegeben, auch nicht wenn sie schon fertig sein sollten. Die Check-In Zeit wird rigoros eingehalten, denn schließlich sind die Japaner die Meister der Pünktlichkeit.
Hiroshima gilt als moderne Kulturmetropole mit vielen attraktiven Museen, hippen Shops und kulinarisch hochgelobten Restaurants. Aber wenn man nur einen halben Tag zur Verfügung hat, dann ist es natürlich ein absolutes Muss, den Friedenspark zu besuchen. Entlang des Peace-Boulevards schlenderten wir zu dem Park, dem zentralen Ort des Gedenkens, wo sich mit uns Hunderte von Schulklassen und Touristen sammelten.
Jedes Jahr treffen sich hier Zehntausende am 6. August, dem Jahrestag des Atombombenabwurfs, um der Opfer zu gedenken und für den Frieden zu demonstrieren. Schon 1949 wurde die Gestaltung des Friedenspark in einer Ausschreibung vergeben und 1960 fertiggestellt.
Viele verschiedene Mahnmale erinnern im Park an die Geschehnisse. Besonders beeindruckend ist der Atombombendom, der 1996 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde. In 160 m Entfernung des Gebäudes explodierte am 6.8.1945 in 600 m Höhe die erste Atombombe der Welt. Bis zum Ende des Jahres verloren von den damals 300.000 Einwohnern der Stadt etwa die Hälfte ihr Leben. Die Ruine des Atombombendoms, ein ehemaliges Gebäude der Stadtpräfektur, symbolisiert die Kraft der Zerstörung der Bombe.
Wasser spielt bei der Gestaltung des Parks eine erhebliche Rolle, da viele der Opfer aufgrund der starken Brandverletzungen immer wieder nach Wasser verlangten. Ein besonderes Friedensymbol wurde im Laufe der Jahre der Kranich. Ein kleines Mädchen namens Sadako erkrankte 1954 aufgrund der Strahlung an Leukämie. Sie war festen Glaubens, dass sie wieder gesund werden würde, wenn es ihr gelänge, 1000 Kraniche in Origami-Technik aus Papier zu falten. Es gelang ihr nicht und sie verstarb zuvor. Aber seither bringen Schüler aus aller Welt Papier-Kraniche nach Hiroshima, die als Zeichen des Weltfriedens verstanden werden.
Auf jeden Fall wollten wir auch das zum Teil neu renovierte Friedensmuseum besuchen, zuvor aber noch in der Lounge einen kurzen Kaffeestop einlegen. Da nur noch an einem Tisch mit zwei Japanern etwas frei war, boten sie uns freundlich einen Platz an. Sofort erkundigte sich der sehr alt wirkende Herr – er war 88 wie sich herausstellte – woher wir kamen. Gott sei Dank sprach seine deutlich jüngere Begleiterin ein gutes Englisch, was ja in Japan eher selten der Fall ist. Sie agierte nun als Dolmetscherin. Jedenfalls war der Herr ein Zeitzeuge, der seine Mutter durch die Atombombe verloren hatte und nur aufgrund dessen, dass er selbst als Junglehrer außer Haus war, von der Katastrophe verschont geblieben war. Er freute sich sehr über die deutsche Gesellschaft durch uns, zumal er gerne von der Verbindung der Japaner mit den Achsenmächten Deutschland und Italien sprach und es schien, dass er uns Deutsche gerade deswegen so gern hatte. Da sein japanisches Gegenüber aber eher eine sehr pazifistische Einstellung hatte, wollte sie uns vermutlich gar nicht alles, was er zu dem Thema zu sagen hatte, übersetzen. Wir erfuhren auch, dass er schon zwei Mal in Deutschland war, allerdings dort nichts entdeckt hatte, was ihm gefallen hat und so kehrte er dann doch wieder zu seinem Lieblingsthema, der Kriegsfreundschaft der Japaner mit den Deutschen, zurück. Ins Museum kommt er einfach immer gerne jeden Tag, weil es heute auf dem Grund seines Elternhauses steht.
Keiko, die nette Japanerin, erkundigte sich, ob sie uns ins Museum begleiten dürfte und erklärte uns dort sehr versiert Details zu dieser schrecklichen Atomkatastrophe. Ein sehr berührendes Museum. Sehr emotional war aber auch der vorausgehende Besuch der Peace Memorial Hall, wo man in aller Ruhe der Opfer gedenken kann. Ein Ort, der sehr pietätvoll gestaltet ist und in der Mitte von einer Skulptur dominiert wird, die eine Uhr darstellt, auf der die Zeit des Abwurfs um 8.16 Uhr festgehalten wird.
Nach diesen bedrückenden Erlebnissen, wollten wir uns noch ein wenig in den vielfältigen Shops der Stadt zerstreuen, was in Hiroshima großartig gelingt. Kaufhäuser, Shopping-Malls und innovativ gestaltete Einzelhandelsgeschäfte bieten eine große Auswahl.
Eigentlich wollten wir uns am Abend mal wieder Austern gönnen, da wir nun ein letztes Mal am Meer waren und die Gegend um Hiroshima auch für ihre Austernbänke bekannt ist. Allerdings gibt eine weitere Spezialität der Stadt, die wir zwar schon einmal in Tokyo gekostet hatten, aber die wohl in Hiroshima noch wesentlich besser sein sollte: Okonomiyaki, eine Art Pfannkuchen oder Pizza, die mit allem Möglichen befüllt und direkt vor einem auf einem riesigen Backblech gebacken werden. Ganz in der Nähe unseres Hotels Tokyu Rei befand sich sozusagen das Epizentrum dieser Spezialität. In einem siebenstöckigen Haus logieren auf vier Etagen ausschließlich diese Bratereien, in denen man wie an einer Theke rund um das riesige Blech sitzt und beim Zubereiten zusehen kann. Die Wahl fiel uns leicht, weil wir unbedingt unseren Pfannkuchen mit Austern und Jakobsmuscheln haben wollten und die Damen, die das anboten, selbst schon sehr appetitlich aussahen. Die Okonomiyaki schmeckten sensationell, vor allem wenn man sie noch mit viel selbstgemachter Soße anreichert. Es wird einem zwar langsam ziemlich warm am Blech, aber da man den Durst dort gut mit Bier und Sake stillen kann, ist dies nicht weiter benuruhigend.
Tokyo – zum Zweiten! (1.10.-3.10.)
Wir hatten am Vorabend ein Taxi für den Morgen bestellt für die Fahrt an den Bahnhof. Was sicherlich eine gute Entscheidung war, denn als wir aufstanden, regnete es in Strömen und dann wird es mit den Taxen auch in Japan immer etwas kritisch. Diesmal hatte sich der Fahrer besonders schick gemacht: weiße Handschuhe, Uniform und Chauffeursmütze. Man hatte tatsächlich das Gefühl, vom Privatchauffeur in Rente abgeholt zu werden.
Wir hatten am Vortag schon die Zugreservierung gemacht und wussten, dass wir keinen durchgängigen Zug nach Tokyo hatten. Die Super-Schnell-Shinkansenzüge von Hiroshima nach Tokyo brauchen für die 800 km genau 4 Stunden. Wir hatten ein wenig mehr als 5 Stunden zusätzlich einer halben Stunde Aufenthalt beim Umsteigen. Also auch immer noch irrsinnig schnell, und natürlich wie immer auf die Sekunde pünktlich.
Wir kamen so in Tokyo an, dass wir gleich zum Hotel fuhren, dort eincheckten und uns dann ohne Gepäck ins Geschehen stürzten. Das Hotel Risveglio Akasaka, das wir für unseren zweiten Aufenthalt in der Stadt gewählt hatten, liegt in einer angesagten Gegend von Tokyo, in Roppongi. Das ist das Ausgehquartier der Stadt und es reihen sich unzählige Restaurants und Bars aneinander. Von der U-Bahn hatten wir es nur wenige Minuten zu Fuß, aber man darf sich die „einfachen“ Metrostationen nicht wie bei uns vorstellen. Bezüglich der Übersichtlichkeit ist selbst der Berliner Hauptbahnhof ein provinzielles Abstellgleis. Es gibt verschiedene städtische Linien, die JR-Linie, die um die Stadt herumführt, dann einige Regionalzüge und an manchen U-Bahnhöfen auch noch Shinkansen-Haltestellen. Alle Bahnen fahren auf verschiedenen Gleisen, was die Anlagen unglaublich weitläufig macht.
Für den Nachmittag hatten wir uns einen kleinen Spaziergang durch das Viertel Yanaka ausgesucht, das im Krieg nicht zerstört worden war und daher noch als eines der ursprünglichsten in der Stadt gilt. Tatsächlich fühlte man sich fast wie in einer anderen Welt, als wir durch die Gassen mit den teils alternativen Geschäften streiften. Ulrike stellte den Vergleich zwischen Manhattan und Brooklyn auf und genauso war es. Man hatte das Gefühl, dass sich hier alte Tokyoer Geschäfte und Werkstätten gehalten hatten und mit den innovativen neuen Shops wunderbar koexistierten. Läden mit hübschen Töpferwaren, Katzencafés, Spezialitätenläden, Einzelhandel in jeglicher Form – und dazwischen eine Vorstadtszenerie. Zum ersten Mal konnte man sich vorstellen, dass diese Stadt wirklich ein wenig Lebensqualität hat. Aber kaum verlässt man dieses Idyll, taucht man wieder ein in die schrille Leuchtreklamen-Welt der umtriebigen Stadt – auch schön, aber doch nur auf Zeit.
Den Abend verbrachten wir in unserem Viertel. Auswahl für ein Abendessen gab es ja nun ausreichend. Auch wenn unser Zimmer für uns und unsere beiden Reisetaschen doch sehr beengt war, genossen wir den Stil des neu erbauten Hotels. Großzügig gestaltete Hotelzimmer darf man in Japan nirgendwo erwarten. Platz ist einfach Mangelware und so werden auch die Zimmer gestaltet. Aber wir waren nun, gegen Ende der Reise, mit unserer Wahl sehr zufrieden. Wir hatten alles über Booking gebucht und darauf geachtet, dass wir immer sehr nahe an einer U-Bahn-Station untergebracht waren, was sich im Nachhinein als sehr wertvoll herausgestellt hatte. Auch war damit eine zentrale Lage garantiert.
Das Wetter meinte es an unserem letzten Tokyo- und damit auch letzten Japan-Tag richtig gut mit uns. Wir hatten strahlenden Sonnenschein! Na, wenn das nicht ein schöner Abschluss unserer Reise wird. Wir starteten den Tag mit einer Bootsfahrt. Von Asakusa aus kann man mit Tokyo Cruise eine tolle Schiffahrt unternehmen. Sie dauert 40 Minuten und kostet inkl. Eintritt in den Hamarikyu-Garten, wo die Tour ihre erste Anlegestelle hat, etwa 9 Euro. Faszinierend war vor allem der Blick auf eine ganz neue Seite von Tokyo, denn die Fahrt führte unter 12 Brücken hindurch, die von Wolkenkratzern und Grünanlagen gesäumt waren. So sah man joggende Menschen und Spaziergänger, die den Booten zuwinkten. Die Skyline der Stadt – hier sah man ja nur einen kleinen Teil davon – wirkte heute doch sehr imponierend.
Der Hamarikyu-Garten ist wunderschön gestaltet und bietet immer wieder Ausblicke auf die Wolkenkratzer der Stadt. In dieser Kombination – japanische Gartenanlage und Hochhäuser – ist das Szenario absolut beeindruckend.
Von hier wollten wir durch das elegante Einkaufsviertel Ginza zum Kaisergarten bummeln. Da Sonntag war und offensichtlich nur asiatische Touristen bei den Taxfree-Shops und Designerläden anstanden, war relativ wenig los, was den Spaziergang entspannt machte.
Zunächst erreichten wir den Hibya-Park, der wieder ganz bezaubernd gestaltet war und der dann fast nahtlos in den Kaiserpark übergeht. Allerdings ist dieser eher weniger spektakulär, da nur Teile der Öffentlichkeit zugänglich sind. Der Blick auf zwei Brücken ist ein viel fotografiertes Motiv, aber wir hatten auf unserer Reise, auch in Tokyo, Beeindruckenderes gesehen. Der Kaiserpalast selbst ist nur zwei Mal im Jahr zugänglich, der innere Garten nur nach langer Anmeldung.
Unter den Zuggleisen der JR-Line in Ginza, direkt bei den Exclusiv-Shops, hatten wir ein paar Gassen entdeckt, in denen in total einfachen Kneipen interessantes Essen angeboten wurde. Einmal mehr schmeckte es ausgezeichnet und auch hier waren wieder ein paar neue Entdeckungen dabei – eine Art Maultaschen, wie man sie auch aus der chinesischen Küche kennt, die mit Scampi, Gemüse oder Huhn gefüllt waren.
Unser letzter Programmpunkt für heute sollte Roppongi Hills sein. Den Mittelpunkt dieses Areals bildet ein Wolkenkratzer mit 53 Etagen. Hier befinden sich Designer Shops, ein Kino, das Tokyo View, ein Aussichtsdeck im 53. Stock, sowie das Mori-Museum ebenfalls im 53 Stock.
Wenn das Wetter gut ist, und wir hatten ja das Glück, darf man mit einem Zusatzticket auf das Dach des Gebäudes, von dem man einen einzigartigen Rundumblick auf das Häusermeer der Stadt hat. Das Mori-Museum, in dem Wechselausstellungen stattfinden, hatte in diesen Monaten eine Ausstellung in Präsentation, die sich mit der unterschiedlichen Sicht auf die Welt in verschiedenen Zeitepochen, Wissenschaften und Religionen befasste. Nicht gerade unsere Lieblingsthemen, aber stellenweise dann doch sehr gut aufbereitet. Wenn man es sich zeitlich so einrichtet, dass man auch noch bei Dunkelheit in der 53. Etage ist, dann bietet sich sowohl vom Sky Deck wie auch im Observatory Deck ein sensationeller Blick auf die Stadt.
Und nun ging so langsam die Reise zu Ende. Noch schnell zum Shibuya-Bahnhof um dort im Hikari-Kaufhaus Süßigkeiten und diverse andere Mitbringsel zu erstehen und dann zum Kofferpacken und Mitbringselverstauen ins Hotel. Als alle Arbeiten erledigt waren, gönnten wir uns noch eine letzte Bento-Box als Nachtmahl, einen letzten Sake als Schlaftrunk und noch eine Gesichtsmaske mit aufgemalten Kabuki-Schauspielern als Vorbeugung gegen die trockene Flugzeugluft, die uns am nächsten Morgen für ziemlich lange Zeit erwartete.
Wir hatten uns im Hotel erkundigt, was uns ein Taxi zum Flughafen in Haneda kosten würde und bei der Antwort, etwa 100 Euro, entschieden wir ganz schnell, dies doch in gewohnter Manier mit den Öffentlichen zu machen, wo uns der Spaß etwa 6 Euro kostete. Erst drei Stationen mit der Metro, dann eine mit der JR-Line und dann in den Monorail zum Flughafen – das sind in unserem Fall mit dem Hotel in Roppongi gerade mal 40 Minuten von Tür zu Tür. Einfacher und günstiger geht es nicht. Einmal mehr können einen die Verkehrsverbindungen, die Zuverlässigkeit der Züge und das einfache Ticketsystem nur begeistern. Da wir nicht genau wussten, wie viel die Fahrt mit dem Pasmo-Ticket kosten wurde, waren unsere Karten noch mit ein paar Yen gefüllt, als wir am Flughafen ankamen. Aber selbst die Rückgabe der Karten verlief wieder völlig unproblematisch: Man gibt sie ab, bekommt das Restgeld, das noch drauf ist zurück und ebenfalls die 500 Yen Kaution, die man für die Karte hinterlegen musste.
Wenn ich mit wenigen Worten den Eindruck nach 17 Tagen wiedergeben müsste, dann würde ich folgendes Resümée ziehen: Ein Land, das so fremd scheint und doch mit Vielem so vertraut ist. Die Japaner sind uns auf den ersten Blick so viel ähnlicher, als man vermutet. Allerdings ist dies nur der offizielle Eindruck, den man auf Reisen gewinnt und nicht der, der sich offenbart, wenn man in die Familien und Firmen hineinblicken kann. Kaum ein Land, das ich je bereist habe, ist so einfach zu bereisen wie Japan, auch wenn kaum jemand richtig englisch kann. An alles ist gedacht, für alles ist gesorgt – ein Paradebeispiel für Service und Organisiertheit.
Natürlich ist uns die Kultur fremd und natürlich gibt es auch viel Skurriles. Aber im Nachhinein betrachtet sind es natürlich oft nur diese Stories, die uns in Deutschland erreichen und uns daher glauben lassen, dass das ganze Land nur aus Bizarrem besteht.
Auch bezüglich der Kosten durften wir unsere Erwartungen und Befürchtungen etwas modifizieren. Klar, Japan ist kein asiatisches Billigreiseland, aber es ist nicht so extrem teuer, wie häufig vermittelt wird. Wenn man nicht gerade täglich im Kaizen-Restaurant speist und sich bei den renommierten Designern einkleidet, kommt man mit einem vernünftigen Budget gut klar.
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