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RIAD MATHAM

Auf Booking.com hatte ich mir mal das Angebot an Unterkünften in Marrakech angesehen – über 1000 Riads priesen sich da an und in den Bewertungen kämpften die Häuser bei 9,8 um die Vorrangstellung. Ist das alles gefaket oder sind die tatsächlich in dieser Fülle so gut? Kann doch eigentlich gar nicht sein… Da kam doch gleich wieder die berufsbedingte Skepsis zum Vorschein, denn 9,0 scheinen bei uns in Deutschland schon fast unerreichbar. Gott sei Dank erzählte ich aber noch rechtzeitig meinem Studienfreund Jürgen von meinem Vorhaben, endlich mal Marrakech zu bereisen und da er in regelmäßigen Abständen dort ein paar Tage verbringt, hatte er auch gleich einen guten Tipp bezüglich einer Bleibe für mich, nämlich den Riad Matham.

Die Wahl fällt schwer unter den vielen traumhaften Unterkünften

Der Empfehlung vertraute ich doch wesentlich mehr als unter Umständen manipulierten Internetbewertungen. Jürgen meinte, die Unterkunft wäre das bisherige Highlight unter seinen Riaderfahrungen gewesen, und das, obwohl er auch schon bei früheren Besuchen in höchstem Maße von dem einen oder anderen Haus geschwärmt hatte.

Suite Mérinide

Suite Mérinide im Riad Matham

Die Internetseite vom Riad Matham war vielversprechend. Man musste sich direkt schon bei der Buchung für ein Zimmer entscheiden, konnte aber alle sechs Zimmer und Suiten in einer kleinen Bildergalerie näher in Augenschein nehmen. Die Entscheidung fiel leicht, denn es war nur noch die Suite Mérinide zu dem von uns vorgesehen Termin frei. Und bei 26 m² und umgerechnet 75 € fürs Zimmer mit Frühstück kann man schon mal Dünkel über Bord werfen und eine sogenannte Suite buchen. Aufgrund der Stornomöglichkeit bei Booking.com hatte ich mich für eine Buchung über das Portal entschieden, was ich zukünftig nicht mehr machen würde, denn Thierry, der Betreiber und Eigentümer des Riads, reagierte immer unverzüglich, war total zuverlässig und hat außerdem ein Konto in Frankreich, wo man ihm problemlos auch eine Anzahlung hin überweisen kann, wenn er bei Buchung von mehreren Zimmern eine Sicherheit nachfrägt.

Sitzbereich in der Suite Mérinide

Sitzbereich in der Suite Mérinide im Riad Matham

Er bot uns auch eine Abholung mit einem Taxi vom Flughafen an. Das lehnte ich zunächst ab. Schließlich reisten wir ja nicht zum ersten Mal und hatten ausreichend Erfahrung mit einer Menge Taxifahrer auf der ganzen Welt. Andererseits – es war ziemlich spät am Abend, als unser Flug in Marrakech ankam… Vielleicht sollte man einfach mal „konventionell“ in diesen Städtetrip starten und den einfachen Weg gehen. Das war definitiv eine gute Entscheidung.

Sukh von Marrakech

Sukh von Marrakech

Der Fahrer, den Thierry uns geschickt hatte, musste lange auf uns warten. Erst hatte der Flieger von Ryanair ziemliche Verspätung und dann dauerte es vier Geldautomaten lang am Flughafen, bis einer endlich Geld ausspuckte und wir vorerst flüssig waren. Die Fahrt in die Innenstadt war kurzweilig, dauerte fast eine Stunde, aber unser Fahrer war gesellig, parlierte abwechselnd in Französisch und Italienisch, da er in Italien die letzten 10 Jahre gelebt hatte, und versuchte uns schon auf dem Weg in die Stadt ganz klar darzulegen, dass Marokko sich im wirtschaftlichen Aufschwung befand und sehr europanah war. Ich glaubte das gerne – hatte ich doch im Vorfeld schon völlig vergessen, dass sich das Land in Nordafrika befand und man für die Einreise einen noch 6 Monate gültigen Reisepass benötigt. Nur Ryanairs aufdringlicher Mailbelästigung mit einer Vielzahl an Hinweisen vor dem Flug sei Dank, dass ich nicht völlig ignorant nur mit dem Personalausweis die Reise angetreten hatte.

So langsam näherten wir uns im Taxi der Altstadt von Marrakech, wo sich in dem Gassengewirr die annähernd 1000 Riads, die traditionellen marokkanischen Häuser oder Paläste mit einem Innenhof, bzw. Innengarten verbergen, die heute den Touristen, ansehnlich renoviert, als Unterkünfte zur Verfügung stehen.

 

 

Souverän fuhr unser Fahrer in immer schmaler werdende Straßen. Erste Zweifel an seiner Ortskenntnis kamen uns allerdings als wir dann zum ersten Mal eine Gasse, die ich wohl kaum vorwärts befahren hätte, rückwärts wieder raus manövrieren mussten. Nach ein paar weiteren Irritationen bezüglich der Wegfindung und mangels Einheimischen, die um diese Uhrzeit noch unterwegs gewesen wären, um sie zu befragen, rief unser Gastgeber beim Fahrer an, um sich zu erkundigen, wo wir denn während dieser ungewöhnlich langen Transferzeit abgeblieben wären. Nun erfuhren wir, dass wir aus Versehen auf der falschen Seite der Altstadt gelandet waren, was unserem netten Fahrer sichtbar peinlich war, aber bei uns auf vollstes Verständnis stieß, denn ich hätte mich bereits nach der ersten Kurve verfahren. Um dies in der finalen Etappe vor dem Riad Matham zu verhindern, kam uns Thierry zu Fuß entgegen. Aber auch, weil das Auto in die letzten Gassen vor unserem Ziel einfach nicht mehr hineingepasst hätte…

Lobby des Riad Matham

Lobby des Riad Matham

Der Riad Matham – eine Oase der Ruhe inmitten der quirligen Stadt

Im Stechschritt folgten wir unserem Gastgeber durch das Altstadtlabyrinth. Liebe auf den ersten Blick war es sicherlich nicht zwischen Thierry und mir. Irgendwann erzählte er uns, dass er eigentlich Fußballtrainer in Frankreich war und den Riad von einem deutschen und einem amerikanischen Ehepaar vor mehr als einem Jahr übernommen hatte, die ihn komplett renoviert hatten. Dafür machte er seine Sache aber dann doch erstaunlich gut und wenn ich auch das eine oder andere Defizit an seinen Gastgebereigenschaften feststellte, so kompensierte dies seine marokkanische Lebensgefährtin Fatima vollumfänglich. Und schließlich ist Thierry ja noch in der Lernphase als Riadbetreiber. Da kenne ich Hoteliers, die das schon 40 mal so lange machen und wesentlich weniger Dienstleistungsgedanken verinnerlicht haben.

Dachterrasse des Riads

Dachterrasse des Riad Matham

Als wir gegen Mitternacht vor dem Lehmeingang des Riad Matham standen, war erst einmal Sich-Wundern angesagt: Der Palast, den wir uns im Internet angesehen hatten, soll sich hinter diesen schlichten Mauern verbergen? Er tat es – und noch in einer viel faszinierenderen Weise als wir es erwartet hatten. Allein die öffentlichen Bereiche mit den verschiedenen Sitzgelegenheiten und der wunderschöne Innenhof versetzten einen in Staunen. Dann ging es hinauf zu unserem Zimmer. Von einer umlaufenden Galerie, von der man einen Blick in das Atrium des Hauses hatte, führten massive riesige Holztüren in die Zimmer und Suiten. Mit dem Betreten tauchten wir ein in ein Märchen aus 1001 Nacht. Mit sehr viel Liebe zum Detail war der Schlafraum mit dem kleinen Sitzbereich in traditioneller Weise ausgestattet, ohne dabei kitschig oder verstaubt zu wirken. Jedes einzelne Accessoire wirkte handverlesen und man hätte es am liebsten sofort eingepackt. Wenngleich dann auch unmittelbar darauf die gedankliche Ernüchterung kam, dass es zu Hause nicht annähernd die Wirkung erzielt und wohl kaum zu restlichen Einrichtung gepasst hätte. Auch das Badezimmer war von einer bestechenden Schlichtheit, ganz im marokkanischen Bäderstil. Hier musste man sich wohlfühlen – vor allem weil die gesamte Unterkunft auch noch meinem leider auch im Urlaub nicht abzustellenden Testerblick vollumfänglich standhielt. Da bin ich ja grundsätzlich immer sehr dankbar – so wie es aussah, bestand tatsächlich für fünf Tage kein Grund zum Lauern auf Unzulänglichkeiten. Das schien entspannend zu werden.

Thierry brachte uns noch aufs Dach nach unserer Ankunft. Aber den Glücksgriff, den wir diesbezüglich mit unserer Unterkunft getätigt hatten, konnten wir erst am nächsten Morgen ganz wahrnehmen. Abgesehen von der Lounge-Bestuhlung, die zum Chillen einlud, war diese Dachterrasse eine Oase der Ruhe inmitten der umtriebigen Altstadt. Der Blick war fantastisch: Die Altstadt unter uns und in der Ferne die schneebedeckten Gipfel des Atlasgebirges, die in den strahlendblauen Himmel ragten. Es war überwältigend!

Blick von der Dachterrasse des Riads

Blick von der Dachterrasse des Riads

Nachdem wir uns am Ausblick satt gesehen hatten, servierten uns Fatima und ihre dienstbaren Geister im Innenhof des Riads ein kleines Frühstück, das schon mal erste Kräfte für die Stadterkundung verlieh. Auf Wunsch kochen die Damen des Hauses auch gerne für ihre Gäste. Da die dort servierte Tajine, ein traditionelles marokkanische Schmorgericht, sogar im Internet gelobt wurde, nahmen wir an einem Abend dieses Angebot auch an. Abgesehen, dass es köstlich schmeckte, hatte es auch den Vorteil, dass man genüsslich eine gute Flasche Rotwein dazu verkosten konnte, die Thierry als genussaffiner Franzose natürlich für seine Gäste vorhält. Generell haben Fatima und Thierry jede Menge Tipps und Ratschläge für den Besuch der Stadt, Stadtpläne und Vorschläge für Ausflüge bereit.

Der Bazar von Marrakech – Ein Gewirr von Gassen, Düften und Eindrücken

Die Ausgangslage ist perfekt für eine Stadterkundung. Gut, beim ersten Mal brauchten wir ca. zweieinhalb Stunden, bis wir durch das Gassengewirr endlich auf den Platz der Plätze, den Jemaa El Fna mit seinen Geschichtenerzählern, Garküchen, Schlangenbeschwörer und Akrobate, ankamen. Jedoch wurde hier einmal mehr klar, dass der Weg das Ziel ist. In den weiteren Tagen reduzierte sich dann die Zeit durch die verführerischen Soukhs bis auf etwa 10 Minuten, reine Netto-Gehzeit. Direkt um die Ecke vom Riad ist die Moschee Ben Youssef mit der Medrasa Ben Youssef – zentraler geht es kaum.

Tajine

Tajine

Wer einmal einen marokkanischen Hammam genießen möchte, kann dies auch im Riad tun. Hier findet Wellness à la marocain noch im ursprünglichen Sinne statt – und ist noch nicht so touristisch, wie in vielen exklusiven Wellnessoasen Marrakechs, wo die Behandlungen weniger effizient und völlig überteuert sind.

Medersa Ben Youssef

Medersa Ben Youssef

Auch wenn die Verlockung groß ist, einen der vielen anderen Riads beim nächsten Mal auszuprobieren, so war der Riad Matham doch das „Zuckerl“ unseres Aufenthalts in Marrakech. Absolut empfehlenswert!

www.riadmatham.com

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